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RE: Chronik Sozialabbau und Verelendung |
Beitrag Kennung: 912490
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05. April 2018
Armut, die sich lohnt
Hartz IV Die Inszenierung des Sozialschmarotzers hat Methode.
Durch Spaltung soll die Gesellschaft wieder auf Kurs gebracht werden.
L E S E B E F E H L !!
Was liebe ich Kathrin Hartmann für ihre stets klaren Worte.
Längerer Auszug:
Zitat: |
„Steht im Morgengrauen ein nackter Kerl auf dem Balkon, und es ist nicht der Ehemann …“ So beginnen Thekenwitze in Deutschland. Aber solche familiären Katastrophen ereignen sich nicht nur, wenn gehörnte Ehegatten früher als gewöhnlich ins Heim zurückkehren. Manchmal klingelt lediglich der Prüfdienst der Arbeitsagentur frühmorgens an der Tür. „Dieter Schuster aus Mannheim wusste jedenfalls sofort, welche Richtung er einzuschlagen hatte, als er im Flur leise Stimmen und den Begriff „Prüfdienst“ hörte. Fluchtartig flitzte er in Unterhose aus dem Schlafzimmer Richtung Terrassentür. Draußen empfingen ihn feiner Nieselregen und bibbernde Kälte – leider kam der Prüfdienst Anfang März.“
Diese gehässige Geschichte stammt nicht von BILD oder RTL, sondern aus einer Broschüre der rot-grünen Bundesregierung namens „Vorrang für die Anständigen“. Herausgegeben hat sie das SPD-geführte Arbeitsministerium im August 2005, einige Monate nach dem Inkrafttreten von Hartz IV. Ein Brevier anekdotisch erzählter Betrugsfälle, das vor Hohn und Spott trieft. „Melkkuh Sozialstaat – die alltägliche Selbstbedienung am Gemeinwohl“ ist ein Kapitel überschrieben, in dem verheimlichte Lebenspartner, Phantomwohnungen, Falschangaben in Anträgen, verdunkeltes Vermögen, Sozialbetrüger aus dem Ausland und Schwarzarbeit verhandelt werden. In Deutschland, dieses Eindrucks soll man sich offenbar kaum erwehren können, feiern Sozialschmarotzertum und „Mitnahme-Mentalität“ fröhliche Urständ. Entsprechend schroff war die Sprache der Broschüre: „Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben, übereinstimmend die Bezeichnung Parasiten.“ Dieser menschenverachtende Satz steht ebenfalls in der 32-seitigen SPD-Propagandaschrift des Ministeriums von Wolfgang Clement.
Wer solch einen Popanz aufbaut, verfolgt zweierlei: Das Zerrbild des angeblichen faulen Arbeitslosen diente der Regierung dazu, die weitreichendsten sozialen Einschnitte in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik zu rechtfertigen und die Bürger gegeneinander aufzuhetzen.
Der zweite Zweck des inszenierten Schreckgespenstes Sozialschmarotzer ist, dass es von einer Politik ablenken soll, die Reiche auf Kosten der Allgemeinheit begünstigt. Heute ist Deutschland so extrem gespalten wie zu Zeiten Kaiser Wilhelms des Zweiten: 1913 kassierte das bestverdienende Zehntel der Bevölkerung rund 40 Prozent des Volkseinkommens. Genauso war es im Jahr 2013. Der Grund: während Löhne stagnieren oder sinken, steigen nur die Einkünfte aus Kapital, sprich: die aus Unternehmenseinkünften und Vermögenseinkommen. Während 99 Prozent auf Lohnarbeit angewiesen sind, bezieht ein Prozent Einkommen aus Unternehmensbesitz.
Die Verarmung der Arbeitslosen und ihre Diffamierung und Kriminalisierung sind politisch erwünscht. Und trotz vollmundiger Versprechen, das System Hartz IV zu ändern, wird die Große Koalition an der Niedriglohnpolitik festhalten.“ |
[Quelle: https://www.freitag.de/autoren/der-freit...-die-sich-lohnt]
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