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RE: Vernichtung der Produktionsstätten - Zerschlagung der Arbeiterbewegung |
Beitrag Kennung: 65071
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
Während der Konterrevolution 1990 wurden die DDR-Bürger am 17. Juni(!) ihrer Betriebe, Maschinen, Transportwege, Sport- und Erholungsstätten, Wohngebäude und vieler anderer Dinge beraubt. |
Ähm, hatten wir die vor diesem Zeitpunkt?
Die Produktionsmittel waren auf dem Papier in der Tat Volkseigentum. Praktisch hat eine karrieregeile Funktionärskaste damit gemacht, was sie wollte.
Wir haben dir bereits geschrieben, dass aus dem Staatskapitalismus eben ein anderer, ein ökonomisch leistungsfähigerer Kapitalismus geworden ist.
Wohngebäude? Dass ich nicht lache! Das Gebäude, welches durch meine Vorfahren gebaut und instand gehalten wurde, haben uns die Funktionäre abgepresst. Einerseits schrieben sie uns Mieteinnahmen bis zu 25,30 DDR (für ca. 300qm Wohnraum) vor, andererseits wurde die Straße zwangsrenoviert. Und da wir den in Rede stehenden Kredit in Höhe von 24000 Mark niemals wieder refinanzieren konnten, mussten meine Großeltern das "großzügige Angebot" annehmen, das Haus in die Trägerschaft des Rates der Stadt Gera zu übergeben.
Ja, es wurde angepinselt.
Nach der politischen Wende konnte ich anhand der noch erhaltenen Papiere nachweisen, dass dieses Haus durch diesen Zwang enteignet wurde und die Enteignung wurde rückgängig gemacht.
Zusätzlich musste, um den inzwischen aufgelaufenen Renovierungsstau aufzuholen, eine sechsstellige Summe investiert werden. Dadurch hat dieses Gebäude eine grundhafte Sanierung erfahren, zu der der VEB Gebäudewirtschaft Gera zu DDR-Zeiten weder bereit, noch ökonomisch oder technisch in der Lage gewesen wäre.
Das Wohngebäude wurde zu DDR-Zeiten geraubt und nach der Wende zurück gegeben!
Betriebe
Hier steht in Rede was diese Betriebe eigentlich zum damaligen Zeitpunkt wert waren. Ich meine nicht innerhalb des Gartenzaunes, der uns DDR-Insassen dazu zwang, unseren Konsum auf Ostprodukte auszurichten. Nein mich interessiert, was diese Betriebe wert waren, als des Volkes Wille die Öffnung der Grenzen erzwang.
Nehmen wir zwei Beispiele aus Gera und Umgebung:
VEB Electronik zum Beispiel. Solange wir Eingezäunt waren, ließ sich der Geracord ganz gut verkaufen. Und ein Kassettentonbandgerät konnte für einen Preis produziert und vermarktet werden, der in Etwa 100 Arbeitsstunden entsprach. Aber nach Wegfall des Gartenzaunes war es nicht mehr möglich, solche Geräte für ca. 100 Stundenlöhne zu verkaufen. Und es liegen mir keine Zahlen über die Effektivität dieses Betriebes vor, doch ich fürchte, man war auch nicht in der Lage, mit wesentlich weniger Aufwand solche oder ähnliche Geräte zu produzieren. (Den Einfluss von Handelsmarken auf das Kaufverhalten der Bürger will ich mal ganz außen vor lassen.)
Wie viel ist ein Betrieb wert, der nicht in der Lage ist, zum Markt passende Produkte rentabel zu produzieren?
Nehmen wir die SDAG Wismut. Zu DDR-Zeiten ein strahlender Betrieb, der Tausende Menschen ernährt hat. Mit dem Ende des Kalten Krieges kam ein Nachfrageeinbruch nach Uran. Und diverse radioaktive Altlasten waren in diesem Betrieb auch über Tage vorhanden. Wieviel ist ein Betrieb mit diesen Marktchancen und diesen Altlasten wert?
Transportwege
Sowohl zu Zeiten der DDR, als auch heute sind die Straßen kaum in Privateigentum. Zufuß nach wie vor für jedermann kostenlos nutzbar Und mit der Entrichtung der Kfz-Steuer auch motorisiert.
Wasserwege gibt es hier in Thüringen kaum. Aber da du aus Dresden kommst, kannst du dich mal erkundigen, welchem Kapitalisten jetzt die Elbe gehört.
Über eine Privatisierung der Schienenwege wird erst in diesen Tagen gesprochen, das hat nix, aber auch garnix mit der politischen Wende zu tun.
Sagmal, was und wovon schreibst du denn da eigentlich?
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
ihnen mit den Produktionsmitteln die Möglichkeit unabhängiger selbstbestimmter Arbeit genommen |
Wenn du damit sagen willst, dass man in DDR-Betrieben machen konnte, was man wollte, käme das ja hin. Aber selbst das stimmte nicht.
Man hatte zu tun, was der Plan vorschrieb! Wer den Plan machte, schrieb ich oben. Und wenn der Schrottplan noch nicht erfüllt war, so riskierte man doch keine Prämie! Lieber wurde Neuware zu Schrott!
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
Es geriet in ein strukturell verfestigtes Abhängigkeitsverhältnis vom alten BRD-Gebiet |
Du meinst damit, dass dieses Gebiet in ein anderes als das bisherige strukturell verfestigte Abhängigkeitsverhältnis (kurz RGW) kam.
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
den DDR-Bürgern der ganze bunte nutzlose Plunder verhökert werden. |
Die Wichtigkeit des angeblich nutzlosen Plunders für das Wohlbefinden der Bevölkerung hatten schon weiland die Betonköppe unterschätzt. Für mich ist das ein wesentlicher Grund, weshalb es zur Abstimmung mit den Füßen und damit zum Untergang der DDR kam.
Es ist bemerkenswet zu wissen, dass die Kommunisten von heute zumindestens in diesem Punkt immernoch nichts dazu gelernt haben.
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
Fünftens (und dem wird meist zuwenig Beachtung geschenkt) vernichtete die BRD damit Zentren mit zumindest einigermaßen gesellschaftswissenschaftlich gebildeten Arbeitern und damit mögliche Zentren der revolutionären Arbeiterbewegung. |
Hä? Haben die intelligenten Köpfe der DDR zwischen 1990/91 alles wieder vergessen und haben sich dadurch zu "gesellschaftswissenschaftlich ungebildeten BRD-Insassen" entwickelt?
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
(AMD, Infineon, gläserne VW-Manufaktur) |
Schön, dass du diese Betriebe aufzählst. Können solche Betriebe erfolgreich sein, wenn dessen Führungskräfte naturwissenschaftlich und vor allem auch ökonomisch gebildet sind? Naturwissenschaftlich konnten die ehemaligen DDR-Bürger sicher mithalten, für die wirtschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen, ein Unternehmen dieser Größe zu leiten, war es in der Tat erforderlich, dass man "Führungspositionen mit gesellschaftswissenschaftlich ungebildeten BRD-Insassen durchsetzt".
Zum Vergleich: Zu DDR-Zeiten hatte die gesellschaftliche Bildung und der richtige Standpunkt eine sehr hohe Priorität bei der Auswahl der Führungskräfte. Ob auch fachliche Kompetenzen eine Rolle spielten-manchmal vielleicht?
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felixed hat am 24. September 2007 um 11:42 Uhr folgendes geschrieben:
Der Rückgang der Produktionsstätten und Produktion im annektierten DDR-Gebiet war mitnichten der "Zusammenbruch einer maroden Wirtschaft", sondern eine zielgerichtete und zweckbestimmte Zerschlagung. |
Selbstverständlich darfst du so etwas hier ins Forum schreiben. Fraglich ist allerdings, ob du es darfst, weil es so war oder ob du es aufgrund einer großzügigen Auslegung von Artikel 5 GG darfst.
Pfiffikus,
der meint, dass der alten DDR in ihren letzten Jahren die ökonomische Leistungsfähigkeit abhanden gekommen war
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