Blutspende und Konservenhandel
Die freiwillige und unentgeltliche Spende ist das Wichtigste überhaupt.
Manfred Vietze, NSTOB-Werbeleiter ThüringenTransfusionsmedizin im Spannungsfeld zwischen Hilfsbereitschaft und Marktwirtschaft Von OTZ-Redakteur Oliver Will Der Austritt von mehreren Kreisverbänden des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) aus dem Suhler
Institut für Transfusionsmedizin lenkte das Interesse der Öffentlichkeit auf einen wenig beachteten Aspekt des Blutspendens: den finanziellen.
Beide Seiten hatten in der Auseinandersetzung von "Konkurrenz" gesprochen, zur der auch ein Wettbewerb gehört. In diesem Fall zwischen den Blutspendediensten. Das Suhler Institut hatte Blutkonserven nach Nordbayern geliefert, was ihm laut DRK zwar freigestellt sei, aber dem "Regionalprinzip" widerspreche. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Ärzte staatlicher und kommunaler Bluttransfusionsdienste sind es in Thüringen fünf Unternehmen mit teilweise mehreren Instituten, die ihre Präparate anbieten.
Allein der Blutspendedienst Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Oldenburg, Bremen (NSTOB) des DRK, das nach eigenen Angaben bundesweit rund 80 Prozent des Spenderaufkommens rekrutiert, registrierte 2004 in Thüringen über 86 000 Spenden. Sie bestehen aus je 500 Millilitern Blut, die in ihre Bestandteile zerlegt werden. Eine Spende ergibt rund 220 Milliliter Konzentrat an roten Blutkörperchen. Dieses wird nach OTZ-Informationen für etwa 70 bis 90 Euro an Kliniken verkauft. Die Preise für Blutplättchen liegen etwa beim Doppelten. Der NSTOB erwirtschaftete laut Bilanz 2004 - die für 2005 liegt noch nicht vor - fast 86 Millionen Euro. Blutkonserven machten etwa zwei Drittel aus, Plasmabestandteile rund 26 Prozent. Gewinn darf die gemeinnützige GmbH nicht erwirtschaften. "Wir stellen den Kunden nur die tatsächlichen Kosten in Rechnung", sagt Manfred Vietze, NSTOBWerbeleiter Thüringen. Mit den Einnahmen würden beispielsweise
Personalaufwand, Fahrtkosten, Forschung und die nötigen Tests der Spenden abgedeckt. So koste ein Automat zur Bestimmung der Blutgruppe etwa 800 000 Euro. Vietze betont, der Markt für Blutkonserven sei kein freies Spiel von Angebot und Nachfrage. "Wir sind an einen relativ konstanten Bedarf gebunden." Der sei entgegen weitverbreiteter Annahmen auch im
Sommer nicht größer. Allerdings müsse dann mehr geworben werden, da das Spendenaufgebot sinke.
Zudem müsse der NSTOB eine Sicherheitsreserve für mindestens drei Tage vorhalten, was in Thüringen etwa 1000 Blutspenden entspricht. Da die Konserven teilweise nur wenige Tage aufbewahrt werden können, lasse sich die "Produktion" nicht an den Stand von Vorrat und Nachfrage anpassen. "Da wir nicht wissen, was morgen oder übermorgen passiert, müssen wir konstant weitermachen", so Vietze. Das Verfallsdatum der Qualitätskonserven verhindere auch, dass große Vorräte angelegt werden können. Deshalb gebe es keinen großangelegten Handel. "Lieferungen ins Ausland erfolgen nur, wenn das Internationale Rote Kreuz bei uns anfragt", erklärt Vietze. Verkäufe von Plasma an die Industrie gebe es nur in Ausnahmefällen, wenn Konserven nicht aufgebraucht wurden. Vietze: "Der Abgabepreis ist jedoch dann deutlich niedriger, da es sich nicht mehr um Quarantäneplasma handelt." Dr. Hartmut Reiter, Sprecher des DRK-Landesverbandes betont die ethischen Grundsätze bei der Gewinnung des "Rohstoffs" Blut. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat darauf hingewiesen, dass nicht
bezahlte Spenden die sichersten sind. Bei freiwilligen Spendern sei das Risiko einer Übertragung von Infektionen am geringsten. "Ich kann nur hoffen, dass niemand kommt und das Spendernetz mit kleinen Geldbeträgen zerstört", sagt Reiter. Das DRK gebe als
Dankeschön konsequent nur Kleinigkeiten, deren Wert keinen Anreiz für eine Blutspende darstelle. Andere Dienste locken hingegen mit Kinogutscheinen oder Bargeldzahlungen.
Im DRK darf zudem ein Verband nur mit Zustimmung des anderen in dessen Bereich tätig werden. "So wird die Konkurrenz um Leistungen verhindert", sagt Reiter. Diese berge die Gefahr, dass nur Produkte mit hoher Gewinnspanne angeboten würden. Ein Preiskampf in diesen Segmenten könne aber nur abgefangen werden, wenn die anderen Produkte verteuert würden. Das "Regionalprinzip" führte zum Konflikt zwischen DRK und dem Suhler Institut. Dessen ärztlicher Geschäftsführer, Dr. Gregor Fabian, erklärt: "Wir liefern dorthin, wo unsere Konserven gebraucht werden."
OTZ 24.09.2006
http://www.otz.de/otz/otz.nachrichten.vo...mNational38982&
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