|
Zitat: |
Ein Drittel der Geraer Kinder sind arm
Von Erika Baumann Gera. "Kinderarmut in Deutschland, Thüringen und Gera" war die Podiumsdiskussion gestern Abend im vollen Geraer Rathaussaal überschrieben, die die Unicef-Gruppe Gera organisiert hatte. Politiker von Stadt, Land und Bund sowie Vertreter der Kinderhilfsorganisation Unicef, vom Deutschen Kinderschutzbund und Bündnis für Kinder versuchten, diesem wichtigen Thema mit Geraern Teilnehmern vieler gesellschaftlicher Bereiche auf den Grund zu gehen.
Die Frage zu Beginn: Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt, ist Exportweltmeister - und dann Kinderarmut?
Das zeigt beweiskräftig eine Studie von 2004, die Unicef Deutschland vorlegte, wie es Anne Lütkes, Mitglied im Deutschen Komitee, schilderte. Deutschland nehme nur den 11. Platz von 21 untersuchten Industrieländern ein, sei also nur Mittelmaß im internationalen Vergleich, wenn es um die Lebenssituation von Kindern geht. 10,2 Prozent der Kinder in Deutschland gelten als arm, und diese Armut sei seit 1990 noch weiter gestiegen.
Der Kinderschutzbund spricht sogar von 2,5 Millionen armen Kindern in Deutschland. Thüringen nimmt zur Lage der Kinder im Vergleich zu den 16 Bundesländer den fünften Platz, jedoch von hinten ein.
Die Zahlen für Gera nannte Oberbürgermeister Dr. Norbert Vornehm (SPD) in seiner Begrüßungsansprache. Sie sind schon erschreckend: 3300 Kinder leben in so genannten Bedarfsgemeinschafts-Familien. Bezogen auf die Gesamtzahl aller Kinder der Stadt bis 15 Jahre sind es 36,5 Prozent, die in Armut leben. Dabei sah sich Geras Oberbürgermeister einig mit den Politikern im Podium und mit anderen Diskuissionsrednern, dass es nicht nur um die materiellen Lebenverhältnisse geht, die natürlich wichtig sind, sondern es gehe weitestgehend genauso um den Zugang für die Kinder zu Bildung, zu Gesundheit, zu Kultur, es gehe um soziale Sicherheit, überhaupt um gleiche Lebenschancen. Deshalb fordert Unicef, wie es Anne Lütkes unterstrich, u.a. die frühzeitige Förderung von Kindern auszubauen, Möglichkeiten von beitragsfeien Kindergärten zu schaffen, vor allem benachteiligte Familien gezielt staatlich zu fördern und die Kinderrechte in die Verfassung zu verankern. Es gebe in der Bundesrepublik 147 verschiedene Fördermöglichkeiten für Familien, sie als gemeinsame Strategie zu bündeln für die Förderung der Familien und die Infrastruktur, müsse Aufgaben sein. Uwe Werner vom Schlupfwinkel und Sorgentelefon Gera e. V. bejahte das. In Gera sei ein Umdenken bei der Familienförderung notwendig. Kinder brauchten eine solche Politik der Förderung und Unterstützung, die bei ihnen auch ankommt, die Entwicklungspotenziale, Fähigkeiten und Leistungen erkennt, stärkt und begleitet. Für rasche Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut sei in Gera gar nicht mehr Geld erforderlich. Die Frage ist, wie bereits vorhandene Haushaltsmittel so ausgerichtet werden, dass sie auf ihre armutspräventiven Wirkungen und die Verbesserung der Lebenssituaition von armen Kindern überprüft werden. Der Jugendhilfeausschuss, so Werner, habe mit ersten Beschlüssen reagiert. Beispielsweise wurde zur Förderung von Ferienmaßnahmen beschlossen, dass die Träger ihre Maßnahmen so ausrichten sollen, dass mindestens 30 Prozent sozial benachteiligter Kinder teilnehmen können. Dennoch: Wenn es nicht gelingt, eine programmatische kommunale Kinderarmutsprävention als Kernaufgabe des politischen und Verwaltungshandeln zu etablieren, werde es weiter bei Lippenbekenntnissen und politischen Sonntagsreden bleiben.Kurzfristig wird´s nicht möglich sein, gleiche Lebenschancen für alle Kinder herzustellen.
Geras OB Dr. Norbert Vornehm
quelle: tlz |
Dieser Beitrag wurde 1 mal bearbeitet, zum letzten Mal von as65: 05.03.2007 23:27.
|