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RE: Der neue deutsche Faschismus |
Beitrag Kennung: 972689
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Zitat: |
Der Landesregierung liegen
derzeit folgende Erkenntnisse zur Gruppierung NHJ
vor: Durch Sozialarbeiter der Stadt Pößneck wurde
der Polizei im August 2019 mitgeteilt, dass es im
Raum Pößneck eine Gruppe von Jugendlichen im
Alter von 15 bis 19 Jahren gebe, welche seit circa
drei Monaten Aktivitäten entfalte, ausländische Jugendliche bedrohe und auch verfolge. Diese Gruppe nenne sich „Neue Hitler Jugend“, kurz NHJ.
Im Rahmen von zwei derzeit in Bearbeitung befindlichen Ermittlungsverfahren der KPI Saalfeld wegen
Nötigung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurde durch eine
Beschuldigtenvernehmung bekannt, dass es eine
WhatsApp-Gruppe mit dem Namen NHJ gibt. Der
Gruppe sollen etwa 30 Personen im Alter zwischen
14 und 17 Jahren angehören, darunter zwei Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Zwölf Personen dieser WhatsApp-Gruppe sind der Thüringer
Polizei über die vorgenannten Ermittlungsverfahren
bekannt, zwei Personen hiervon sind bisher allgemein polizeilich in Erscheinung getreten. Einzelheiten zu Gründung, Strukturen und Treffpunkten der
NHJ sind nicht bekannt. |
[Quelle: http://parldok.thueringen.de/ParlDok/dok...eitsfassung.pdf]
Auf Grund der Dringlichkeit teile ich folgenden Inhalt:
OFFENER BRIEF ZUR „NEUEN HITLERJUGEND“ IN PÖSSNECK
Sehr geehrter Herr Minister Maier,
sehr geehrter Herr Minister Lauinger,
sehr geehrter Herr Minister Holter,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Modde,
wir wenden uns aufgrund der Ereignisse in Pößneck während der letzten Monate an Sie. Die neonazistische Gruppierung mit dem Namen „Neue Hitlerjugend“, kurz „NHJ“, war dieses Jahr bereits Thema im Landtag. Auf die Anfrage der Landtagsabgeordneten Madeleine Henfling, wie die Landesregierung die Gruppierung einschätze, antwortete das Innenministerium am 06. November 2019: „Mangels gegenteiliger Informationen geht die Landesregierung davon aus, dass die Gruppe nicht mehr existiert.“ Wir sind äußerst irritiert über diese Aussage, da die Pößnecker Kommunalpolitikerin Anne Rech bereits am 25. Oktober in einem Artikel der Ostthüringer Zeitung anmerkt, dass die Gruppierung weiterhin existiert und sich lediglich umbenannt habe. Wie das Innenministerium zu seiner Einschätzung kommt, erschließt sich uns deswegen nicht. Vielmehr scheint die Landesregierung nur auf Eigenaussagen der NHJ zu vertrauen. Auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Katharina König-Preuß vom 12. September 2019, welche Maßnahmen gegen die NHJ eingeleitet wurden, antwortete Staatssekretär Götze für das Innenministerium: „Nach eigenen Angaben gegenüber der Polizei soll sich die Gruppierung NHJ aufgelöst haben. Auch die in verschiedenen Kommunikationsplattformen im Internet existierenden geschlossenen Gruppen sollen gelöscht worden sein.“ Wir halten es für äußerst bedenklich, dass sich die Landesregierung nur auf Eigendarstellungen der NHJ zu stützen scheint.
Wenn es stimmen würde, dass sich die NHJ aufgelöst habe, müsste sie ihre Aktivitäten eingestellt haben. Jedoch kam es gegenteilig auch weiterhin zu vielen Vorkommnissen und Bedrohungen seitens der NHJ. Wohnt man im Raum Pößneck und engagiert sich politisch und gesellschaftlich, hat einen Migrationshintergrund bzw. wird von der Gruppierung als nicht „deutsch“ wahrgenommen oder spricht sich gegen die Gruppierung NHJ aus, so muss man mit Bedrohungen und Anfeindungen rechnen. So wird Jugendlichen auf offener Straße der Hitlergruß gezeigt und verfassungsfeindliche Ausrufe wie „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“ werden geäußert. Auch die Androhung, „man würde sich bald in Buchenwald wiedersehen“, ist häufig zu hören. Die Gruppierung hat keine Angst, diese Symbole und Sprüche in der Öffentlichkeit, umgeben von vielen Menschen, zu äußern. Treffen Menschen, die sich kritisch zur NHJ positionieren, allein auf diese, werden sie angespuckt und körperlich bedrängt. Manchmal werden Menschen auch verfolgt und geschubst, bis sie am Boden liegen. Einer Person wurde auf einem Weihnachtsmarkt eine Zigarette in das Gesicht gehalten und diese mit der Frage „Hast du schon mal einen Juden fliegen gesehen?“ abgeklopft. Andere Personen berichten davon, dass mit Flaschen auf sie geworfen wurde und versucht wurde, sie vom Moped zu ziehen.
Menschen, die die Gruppierung als nicht „deutsch“ wahrnimmt und welche die Regelschule West in Pößneck besuchen, berichten von täglichen Anfeindungen in der Schule. So werden sie regelmäßig mit rassistischen und islamfeindlichen Aussagen beleidigt und körperlich bedrängt. Zudem kommt es regelmäßig zu Angriffen der NHJ auf andere Menschen (meist mit Migrationshintergrund) in der Stadt.
Diese Vorkommnisse sind den Lehrer*innen der Schule und der örtlichen Polizei bekannt. Trotzdem hält dieser Zustand an. So berichten mehrere Personen mit Migrationshintergrund von rassistischen Aussagen durch Polizist*innen. Für diese Menschen ist es keine Lösung, die Polizei zu rufen, wenn es zu Auseinandersetzungen mit der NHJ kommt. Die Anzeigen gegen die betreffenden Polizist*innen haben bis jetzt keine Konsequenzen. In einigen Fällen wurden betroffene Personen, als sie Anzeige gegen die NHJ erstatten wollten, abgewiesen und weggeschickt. Auch an der Schule, an der es letzte Woche beispielsweise zu Übergriffen auf zwei syrische Schüler kam und diesen gedroht wurde, sie zu „schlachten“, scheinen die Lehrer*innen entweder nicht helfen zu wollen oder zu können. Nach Berichten von Schüler*innen der Schule wurde einem Schüler mit Migrationshintergrund, nachdem es zu einem Angriff auf der Toilette kam, empfohlen, doch eine andere Toilette zu benutzen. Außerdem wird den Jugendlichen, die Opfer der NHJ sind, geraten, das ganze schweigend zu ertragen. Auch Schüler*innen, die sich gegen Nazis aussprechen und der Gruppierung nicht angehören, werden beleidigt und bedroht.
Wir politisch und gesellschaftlich engagierten Menschen verstehen die Ängste der Pößnecker Bürger*innen und Aktivist*innen im Raum Pößneck und sind erschrocken über das folgenlose Handeln der Gruppierung NHJ. Auch wenn sich diese „offiziell“ nicht mehr so nennt, trifft sie sich an bekannten Plätzen, kann öffentlich verfassungsfeindliche Symbole und Ausrufe äußern und Menschen bedrohen. Es ist ihnen, obwohl sie der Polizei und dem Staatsschutz bereits bekannt sind, weiterhin möglich, sich zu treffen und sich zu organisieren. Es gibt auch Hinweise auf Vernetzungen mit anderen neonazistischen Gruppierungen und Personen, beispielsweise in Kahla und Pößneck.
Wir richten uns an Sie mit der Forderung, endlich alles Mögliche zu tun, damit sich solche Vorkommnisse nicht länger ereignen und alle Menschen in Pößneck ohne Angst vor körperlicher und psychischer Gewalt leben und sich bewegen können. Wir fordern Unterstützung und Beratung der Regelschule, sodass Schüler*innen, mit und ohne Migrationshintergrund, ohne Angst in die Schule gehen können und bei Beleidigungen und Angriffen eine*n Ansprechpartner*in haben. Des Weiteren fordern wir dazu auf, die betreffenden Mitglieder der Gruppierung NHJ endlich zur Verantwortung zu ziehen und dafür zu sorgen, dass es nicht wieder zu Vorfällen wie in der Vergangenheit kommt. Außerdem fordern wir den Bürgermeister der Stadt Pößneck auf, sein Schweigen über die Vorkommnisse zu brechen und ausreichende Maßnahmen gegen Gewalt und Rassismus in Pößneck einzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
GRÜNE JUGEND Thüringen
GRÜNE JUGEND Saale-Orla-Kreis
linksjugend[`solid] Saale-Orla-Kreis
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