Marode Atomanlage in Belgien
Tihange 1 gefährlicher als bislang bekannt
Viele Katastrophen kündigen sich an, haben Vorläufer, die auf das drohende Unheil hinweisen. Das gilt auch für die Atomkraft. Hier sprechen die Techniker von "Precursors" - zu Deutsch Vorboten: "Ich erinnere daran, dass Tschernobyl einen Vorläufer hatte, nur nicht beachtet wurde. Tschernobyl hätte nicht stattfinden können und nicht stattfinden dürfen, wenn man sachgerecht Untersuchungen durchgeführt hätte, also eine Precursor-Analyse", sagt Manfred Mertins, langjähriger Mitarbeiter der Gesellschaft für Reaktorsicherheit, GRS.
Precursor-Analysen sind also enorm wichtig. Die GRS selbst spricht von "Vorboten für Schäden im Reaktorkern". In vielen Ländern werden sie seit Jahren systematisch erfasst. Dem WDR liegt nun ein Schreiben der Brüsseler Atomaufsicht vor, in dem erstmals Zahlen über Precursor-Ereignisse in belgischen Atomkraftwerken genannt werden. Demnach gab es hier zwischen 2013 und 2015 insgesamt 14 Precursor-Fälle - davon mehr als die Hälfte in dem Reaktor Tihange 1.
Der ehemalige Chef der deutschen Atomaufsicht im Bundesumweltministerium, Dieter Majer, drückt es noch drastischer aus: "Diese Zahlen sind erheblich höher als üblich. Da müssen eigentlich die Alarmglocken bei allen Verantwortlichen angehen - sowohl bei den Betreibern in Belgien, bei der Behörde in Belgien und auch bei den Nachbarländern, also auch beim deutschen Bundesumweltministerium."
Die Bundesregierung jedoch wiegelt ab. |