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RE: Bund der Vertriebenen in Deutschland |
Beitrag Kennung: 650873
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Interessant folgende Meldung, wenn auch bereits aus demJahre 2008.
Braune Kontinuitäten bei den Sudetendeutschen?
Bei den „Sudetendeutschen“ handelt es sich um eine Bevölkerungsgruppe, die erst nach 1919 „entstand“ bzw. konstruiert wurde. Sie wurde als Gesamtheit der nichtjüdischen, deutschsprachigen Minderheit in der Tschechei bzw. Böhmen und Mähren begriffen. Diese sozial, dialektal und lebensweltlich sehr unterschiedliche Gruppe bestimmte ihre Identität eher über Abgrenzungen und Feindbilder, als über reale Gemeinsamkeiten. Zwischen dem liberalen, deutschsprachigen Bildungsbürgertum in Prag und dem katholischen Bergbauern aus dem Riesengebirge lagen Welten. Nach dem Verlust ihrer vorherrschenden Stellung durch den Zerfall der K.u.K.-Monarchie, de facto war es eher die vorherrschende Stellung der deutschsprachige Elite, organisierte sich die deutsche Minderheit in dem neuen Staat Tschechoslowakei (CSSR) neu. Die neue Identität der Sudetendeutschen entstand. Während es anfangs noch neben völkischen und separatistischen Kräften, auch eine starke Linke (v.a. Sozialdemokraten) in dieser Gruppe gab, die in dem neuen Staat konstruktiv mitarbeiten wollte, begann sich seit der NS-Machtübernahme im benachbarten Deutschland die völkischen Kräfte innerhalb der Minderheit durchzusetzen. Nach dem Verbot des sudetendeutschen Ablegers der NSDAP 1933 sammelten sich Nationalsozialisten und sonstige „Heim ins Reich“-Kehrer in der im gleichen Jahr gegründeten „Sudetendeutschen Heimatfront“ (seit 1935: „Sudetendeutsche Partei“) unter Konrad Henlein (1898-1945). Wegen der paramilitärischen Organisation und der Massenauftritte werden die Anhänger der „Sudetendeutschen Partei“ (SdP) manchmal auch als Henlein-Faschisten bezeichnet. Bei den freien Wahlen in der CSSR avancierte die SdP zur stärksten Partei der deutschen Minderheit, die etwa 90 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Immer gut unterstützt dabei von Berlin. Bei der Zerschlagung der CSSR durch das Münchner Abkommen von 29.09.1938, in dem große Grenzgebiete an Hitlerdeutschland angeschlossen wurde, spielte die SdP die Rolle der 5. Kolonne. Aus ihren Reihen rekrutierten sich Freikorpsmitglieder, die von Deutschland aus in Grenzscharmützeln versuchten den demokratischen Staat zu destabilisieren. Während der folgenden NS-Besatzung in der gesamten Tschechei wirkten die Sudetendeutschen mit an der Ausbeutung und Unterdrückung der Mehrheitsbevölkerung und der Ermordung der Juden in der CSSR.
Nach Kriegsende flüchteten fast alle Angehörigen der deutschen Minderheit nach Deutschland, in die DDR oder nach Österreich. Ein Teil der Sudetendeutschen wurde auch vertrieben, wobei es auch zu blutigen Racheexzessen gegen Zivilisten kam.
In Westdeutschland und Österreich organisierten sich die „Heimatvertriebenen“, wie sie sich selbst gerne nennen, in Landsmannschaften. So entstand auch die „Sudetendeutsche Landsmannschaft“ (SLM). Ein Teil der ehemalige SdP- und NSDAP-Funktionäre aus dem Sudetenland organisierte sich innerhalb der SLM im Witiko-Bund. Dieser war elitär organisiert und besitzt bis heute eine völkische und revanchistische Grundhaltung. Über Funktionärspolitik gelang es dem Witikobund über Jahrzehnte die Politik der SLM entscheidend mitzubestimmen.
Doch nicht nur in Österreich und in der Bundesrepublik entstand eine „Sudetendeutsche Landsmannschaft“. Ein Teil der Flüchtlinge war nach Übersee ausgewandert oder geflohen. So gibt es auch eine SLM in Argentinien. Schaut man sich einmal deren Enblem an, so ist man verblüfft über dessen offene Symbolik, die auf die Kontinuität zwischen der SdP/NSDAP und der SLM hinweist. Das Logo der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ weist nämlich eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem der NSDAP-hörigen „Sudetendeutschen Partei“ auf. Es lässt sich nur mutmaßen, dass das für Ex-Nationalsozialisten beliebte Fluchtziel Argentinien auch einer Reihe von sudetendeutschen Nationalsozialisten Zuflucht bot, die dann die SLM in Argentinien konstituierten. Für die fast durchweg katholischen sudetendeutschen Nationalsozialisten dürfte das katholische Argentinien und der von der Katholischen Kirche betriebene Fluchtweg (die berüchtigte „Rattenlinie“) dorthin sowieso eine verlockende Option gewesen sein.
by R. Schwarzenberg
Mitglieder der argentinischen „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ beteiligten sich 1937 am nazistischen Langenmarckmarsch.
(Heinrich Volberg: Auslandsdeutschtum und Drittes Reich. der Fall Argentinien, Köln 1981, Seite 40)
Quelle: dpa
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