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RE: Praxisgebühr entfällt ab 2013 – Patientenbehandlung wieder im Mittelpunkt |
Beitrag Kennung: 593360
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Pressesplitter zu dem Echtzeitkabarett von der Nacht zum Sonntag:
Zitat: |
Acht Stunden saßen die drei Konfliktparteien letzte Nacht im Kanzleramt zusammen, und herausgekommen ist: nicht viel. Praxisgebühr gegen Betreuungsgeld, so lautet der kleinste gemeinsame Nenner von Schwarz und Gelb nach mehr als drei Jahren gemeinsamer Regierung. Wobei kaum zu erkennen ist, wo hier noch regiert wird. Über beide Themen haben Union und FDP schließlich schon seit Wochen erbittert gestritten, im Grunde war allen Teilnehmern klar, dass es auf diesen Kuhhandel hinauslaufen wird. […] Aber die größte Lachnummer ist und bleibt das Betreuungsgeld - eine weiß-blaue Kröte, für die die CSU notfalls auch die ganze Koalition über die Klippe springen lässt, eine bayerische Machtfrage. Um die Sache geht es längst nicht mehr.
[Eva Corell BR 05.11.12]
Bundeskanzlerin Merkel und ihre Koalition stellen politisches Kalkül über das Gemeinwohl. Nur um einen Gesichtsverlust von Horst Seehofer vor den Landtagswahlen in Bayern zu vermeiden und dem siechenden FDP-Vorsitzenden Rösler das Überleben für wenige weitere Monate zu sichern, schließen sie beim Betreuungsgeld einen faulen Kompromiss. Der Burgfrieden ist teuer erkauft. Merkel lässt den Preis dafür Kinder und Eltern zahlen. Denn denen drohen jetzt schlechtere Bildung und Integration sowie weniger und schlechtere Kitaplätze.
Frau Merkel und ihre Koalition handeln damit gegen den überwältigenden und nahezu einstimmigen Widerstand aus allen gesellschaftlichen Bereichen: gegen Gewerkschaften und Arbeitgeber, gegen Wohlfahrtsverbände und die evangelische Kirche, gegen die renommierte Wissenschaft – und auch gegen die eigene Anhängerschaft, die selbst mehrheitlich ein Betreuungsgeld ablehnt. Selten war eine Regierung so ignorant, so uneinsichtig und so verantwortungslos.
[Dagmar Ziegler, SPD-Bundestagsfraktion PM 1194 vom 05.11.12]
Ursula von der Leyen (CDU) spricht von der "Zuschussrente mit neuem Namen". Die Arbeitsministerin tut alles, um nicht als Verliererin der Gipfelnacht dazustehen. Schließlich war sie es, die den Kampf gegen drohende Altersarmut mit lautem Alarm auf die Tagesordnung gehievt hatte. Nun sollen noch in dieser Wahlperiode die Weichen gestellt werden, damit Geringverdiener später nicht aufs Sozialamt müssen. Doch für die Mini-Renten soll es wohl auch nur eine Mini-Aufstockung geben, nur zehn bis 15 Euro über der Grundsicherung. Ein Witz, findet nicht nur die Opposition. Der DGB spricht von "blankem Zynismus", der Sozialverband VdK beklagt eine "Rentenpolitik auf Sparflamme".
[Annett Meiritz, Severin Weiland und Philipp Wittrock, 05.11.12]
Noch nie fielen Anspruch und Wirklichkeit eines Regierungsbündnisses so weit auseinander: Nach drei Jahren an der Macht ist die schwarz-gelbe Koalition in ihren politischen Spielräumen eingeschränkt, in ihren Prozeduren ineffektiv und im Erscheinungsbild ermüdend. […]
Die jüngste Sitzung des Koalitionsausschusses war sinnbildlich für diese Not: Erst Monate der Untätigkeit, dann Wochen der Streiterei und zuletzt siebeneinhalb Stunden mühsames Gezerre für ein Minimum an Beschlüssen. Verbindlichkeit: ungewiss.
Einer Koalition mit dieser Arbeitsweise soll man nun abnehmen, dass ihr bei dem wirklich großen Problem der Rente noch etwas gelingt? […]
Diese Koalition ist in ihren politischen Spielräumen eingeschränkt, sie ist in ihren Prozeduren ineffektiv, und im Erscheinungsbild ermüdend.
[Nico Fried, SZ, 05.11.12]
Nichts macht die wahre Bedeutung des Koalitionsgipfels klarer als der Umstand, dass Wolfgang Schäuble nicht dabei war. […] Von der Wunschkoalition des Jahres 2009 ist eine mut- und ziellose Truppe geblieben. CDU, CSU und FDP haben mit ihren Entscheidungen den Bundestagswahlkampf eingeläutet.
Ein Konzept sucht man bei den Ergebnissen der achtstündigen nächtlichen Verhandlungen vergeblich. Selbst der fürs Schönreden der CDU-Politik engagierte Generalsekretär Hermann Gröhe flüchtete sich in blumige Sätze: „Im Übrigen finde ich es auch schwierig, die Dinge jetzt einzeln der einen oder anderen Partei allein zurechnen zu wollen.“ Erfolge verkauft man anders. Jeder Koalitionär will nur noch retten, was zu retten ist. Am ehesten gelingt das noch der FDP.
Paradoxerweise will sie ihre Unersetzbarkeit mit einer Entscheidung belegen, die auch alle anderen Parteien einschließlich der Opposition herbeiführen wollten. Ausgerechnet die selbsterklärte Partei marktwirtschaftlicher Vernunft schafft zum Jahreswechsel die Praxisgebühr ab. Jedoch: Die rund 2 Milliarden Euro, die jährlich in der gesetzlichen Krankenversicherung fehlen werden, müssen früher oder später durch Erhöhungen der Kassenbeiträge wieder hereinkommen. Die FDP sorgt also damit für eine Steigerung der Lohnnebenkosten.
[…] Dieser Umstand offenbart die Misere der Freidemokraten: Die vorgeblichen Wirtschaftsexperten genieren sich für ihren Wirtschaftsminister und Nochparteichef.
[Matthias Lohre, taz, 05.11.12]
Wer bisher noch Zweifel hatte, ob die Koalition wirklich so schlecht ist wie ihr Ruf, der ist jetzt bekehrt worden: Sie ist noch schlechter. Die Spitzen von Union und FDP brauchen eine ganze Nacht, um zu entscheiden, was längst hätte entschieden sein müssen. Der Gipfel sollte Handlungsfähigkeit demonstrieren und zeigte doch nur eines: das Scheitern dieser Regierung. […]
Um es kurz zu machen: Das Betreuungsgeld soll jetzt tatsächlich, ganz wirklich und in echt kommen. Was für eine Überraschung! Es ist ja vorher schon dreimal von genau den Leuten beschlossen worden, die vergangene Nacht im Kanzleramt zusammensaßen. Im Tausch darf die FDP die Abschaffung der Praxisgebühr als ihren großen Sieg feiern. […]
Weiterer Kuhhandel: Weil die CSU so lange auf das Betreuungsgeld warten muss - statt zum 1. Januar 2013 wird es erst zum 1. August eingeführt -, darf sich ihr Verkehrsminister Peter Ramsauer noch 750 Millionen Euro für seinen Etat aus dem Steuersäckel holen. […]
Der Koalitionsgipfel sollte Handlungsfähigkeit demonstrieren. Das hat Schwarz-Gelb auch wahrlich nötig. Bewirkt aber hat der Gipfel das Gegenteil. Nach Monaten des Streits, der gegenseitigen Blockade, des Misstrauens, der Beschimpfungen und der Durchstechereien ist das, was der Gipfel hervorbrachte, ein Dokument des Scheiterns dieser Regierung.
[Thorsten Denkler, 05.11.12] |
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