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RE: Warum die Arbeitswerttheorie von Karl Marx falsch ist |
Beitrag Kennung: 499162
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Nun ja, ich kann ja einfach mal meine Antworten auf die Texte des TE 'simson' hier geben. Die AWT von Marx wird ja selbst von Marxisten unterschiedlich interpretiert. Das fängt schon bei den Grundbegriffen an, die er für die AWT verwendet. So sind die Begriffe 'Wert' und 'Tauschwert' für viele AWT-Interpreten das gleichen, für andere nicht. Aus meiner Sicht ist 'Wert' etwas Anderes als 'Tauschwert'. 'Wert' ist die Menge an vergangener gesellschaftlich-durchschnittlicher Arbeitszeit, die in einer Ware steckt. 'Ware' meint hierbei einen äußerlichen Gegenstand, der produziert wurde, und der sowohl 'Gebrauchsgegenstand' als auch 'Wert' ist bzw. zusammengefasst ein 'Gebrauchs-Wert' ist.
Der 'Tauschwert' dagegen ist das Verhältnis zweier 'Gebrauchswerte' zueinander. Zwei Waren stehen in einem Austauschverhältnis zueinander, wobei der 'Wert' der Ware1 durch den Wert der Ware2 ausgedrückt wird. Der 'Preis' ist eine Unterkategorie des 'Tauschwerts', denn hierbei wird der 'Wert' der Ware1 durch den 'Wert' einer allgemeinen Ware, nämlich Geld, gemessen.
Sehr oft wird seitens der Kritiker der AWT nun angemerkt, dass es viele Waren gibt, deren inkorporierte Arbeitszeit gleich bleibt, deren Preis jedoch wechselt. Darauf läuft auch der Großteil von 'simsons' Beispielen hinaus. Überall verschiedene Preise, obwohl doch - anscheinend - die gleiche Arbeitszeit vorhanden ist.
Allerdings - und das vergessen auch viele Marxisten - drückt der 'Preis', oder allgemein der 'Tauschwert' ein Verhältnis zwischen zwei Waren aus, damit auch zwischen zwei 'Werten', die auch beide wechseln können. Während also der 'Wert' nur eine Variable hat, nämlich die inkorporierte, vergangene Arbeitszeit, welche den 'Wert' bestimmt, wird der 'Tauschwert' durch zwei Variablen, nämlich durch zwei 'Werte' bestimmt, und zwar dem von Ware1 und dem von Ware2.
Nicht nur der 'Wert' von Ware1 bestimmt den 'Tauschwert', sondern auch der 'Wert' von Ware2. Preiswechsel können also auch stattfinden, wenn der 'Wert' von Ware1 gleich geblieben ist, und zwar durch einen schwankenden 'Wert' der Ware2. Ein steigender Preis kann also durch einen steigenden 'Wert' der Ware1 verursacht worden sein als auch durch einen sinkenden 'Wert' der Ware2, der Geld-Ware.
Um mal 'simsons' entsprechende Beispiele aufzugreifen:
"1. Ich kaufe ein Grundstück für 200.000 Euro. Ein halbes Jahr später verkaufe ich es für 300.000 Euro weiter."
Wenn für das Grundstück nicht mehr Arbeitszeit verausgabt wurde, dann lässt sich diese Preissteigerung durch einen sinkenden 'Wert' des Geldes erklären. Der Tauschwert der Ware 'Grundstück' gegenüber der Ware 'Geld' ist gestiegen, und zwar von 200.000 Euro auf 300.000 Euro. Die Arbeitszeit für die Ware1 (Grundstück) stellt sich also jetzt in einer größeren Menge an Ware2 (Geld) dar, für die aber jetzt pro Gebrauchsgegenstand (also pro Geldschein, wenn man so will) weniger Arbeitszeit aufgewendet wird. Der 'Wert' der 200.000 Euro damals stellt sich nun in 300.000 Euro heute dar.
Das Gleiche auch beim Beispiel:
"4. Ich verkaufe nach 20 Jahren Sammelns meine Briefmarkensammlung, für die ich insgesamt 1.500 Euro aufgewendet habe, je nach den Umständen:
a) für 1.000 Euro
b) für 2.000 Euro."
Laut AWT ist dann im Fall a) der 'Wert' der Ware2, also des Geldes, gestiegen, während er im Fall b) gesunken ist.
Ebenso hier:
"12. Ich habe alte Postkarten von Gera, die mal wenige Pfennige gekostet haben. Die verkaufe ich auf dem Trödelmarkt zwischen 3 und 10 Euro pro Stück."
Auch hier lässt sich der Preisanstieg durch ein Sinken des Geld-Werts erklären.
Andere Beispiele von 'simson' behandeln nicht den Preiswechsel eines Gebrauchswerts bzw. einer Ware, sondern den 'Wert' verschiedener Waren, die aber alle die gleiche Arbeitszeit enthalten. Man muss sich immer verdeutlichen, dass Marx mit 'Wert' immer die in einer Ware enthaltene Arbeitszeit enthält. Eine Ware, deren Tauschwert wechselt, hat also immer den gleichen Wert, sofern die gesellschaftlich-durchschnittliche Arbeitszeit in ihr nicht gewechselt hat.
Man muss sich allerdings ebenso stets vor Augen halten, dass Marxens AWT bestimmte Annahmen enthält, wie z.B. Gleichwertigkeit des Geldes, völlig transparenter Markt etc., so wie es auch in den heutigen Wirtschaftswissenschaften passiert. Auch die WiWi arbeiten mit bestimmten Axiomen, damit ihre Modelle stimmig sind und nicht zu sehr verkompliziert werden.
Marxens AWT kann man daher empirisch nur unter Durchschnittsbedingungen betrachten bzw. als Massenerscheinung, jedoch nicht als Nomenklatur für einzelne Waren. Marx deutet diesen Sachverhalt stets an, wenn er von 'gesellschaftlich-durchschnittlicher' Arbeitszeit spricht oder von verschiedenen Ebenen der Gesellschaft, also vom Individuum bis zu höheren Gesellschaftsebenen (bei Marx sind das die Klassen).
Diese Differenz zwischen individueller Arbeitszeit und der genannten 'gesellschaftlich-durchschnittlichen' Arbeitszeit macht sich bei Marx unter Anderem in Begriffen wie 'Extra-Profit' oder 'Extra-Mehrwert' geltend.
Ich mache später weiter.
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