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RE: Deutschland = Rechtsstaat oder Bananenrepublik ? |
Beitrag Kennung: 372245
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[RP]
Neue Großspenden bringen Schwarz-Gelb in Erklärungsnot
Nach der Großspende der Familie des Mövenpicks-Konzerns an die FDP sorgen nun neue Spenden in der Koalition für Wirbel. Einem Medienbericht zufolge sollen Liberale und CDU ihre Politik nach Zuwendungen von Solar- beziehungsweise Autoindustrie geändert haben.
* Es scheint sich hier ein Gleichnis zu bilden: Korrupt/kriminell = schwarz/gelb
Die Politik der Klientelregierung Merkel wird zur Bedrohung für alle Bürger. Jeden Tag wird klarer, wie eng die neue Koalition mit Lobbyisten, mit bestimmten Wirtschaftsinteressen, mit einzelnen Klientelgruppen verbändelt ist. Das betrifft nicht nur die FDP, sondern auch die CDU/CSU.
Aus dem Parlament:
Zitat: |
Joachim Poß (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Schäuble, mit Ihrer Rede haben Sie zumindest bewiesen, dass Sie sich in den langen Jahren Ihrer parlamentarischen Tätigkeit eine gewisse Raffinesse angewöhnen mussten - ich meine das positiv -; denn Sie haben in einer für die Koalition so schwierigen Situation wie dieser eine staatspolitische, pathetische Vorlesung einer Haushaltsrede vorgezogen.
(Beifall bei der SPD)
Das ist das, was Ihnen nach all der Unbill noch übrig blieb. Und dann diese großen Worte: Glaubwürdigkeit und andere. Das Problem ist aber - Herr Schäuble, Sie wissen das -, dass die Öffentlichkeit bei dieser Koalition in den letzten Wochen nur Theater erlebt hat. Das letzte Treffen im Borchardt war die Krönung. Eine Zeitung hat dazu geschrieben: ?Programm statt Prosecco?. Mit diesem Theater konnten Sie die Öffentlichkeit doch nicht überzeugen. Das ist das Problem, vor dem Sie stehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ihnen fehlt eine klare Orientierung nach vorne. Wo ist denn jenseits der pathetischen Worte die Wachstumsstrategie für das nächste Jahrzehnt?
(Beifall bei der SPD)
Wo sind die Überlegungen, wie man Stabilität und Wachstum zum Wohle unseres Volkes miteinander verbindet? Nichts ist dazu heute von Ihnen gekommen. Auch in dieser Rede war null und nichts dazu zu registrieren.
(Beifall bei der SPD)
Wie gesagt, das, was Sie geboten haben, war Ablenkung; denn ein werteorientiertes Verhalten kann man Ihnen so nicht attestieren.
Die Politik der Klientelregierung Merkel wird zur Bedrohung unserer Zukunft. Darum geht es in diesen Tagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jeden Tag wird klarer - das ist belegt; lesen Sie doch die Zeitungen -, wie eng die neue Koalition mit Lobbyisten, mit bestimmten Wirtschaftsinteressen, mit einzelnen Klientelgruppen verbändelt ist. Das betrifft nicht nur die FDP, sondern auch die CDU/CSU.
(Dr. Volker Wissing (FDP): Auch die SPD!)
Neu ist das übrigens nicht. Die Namen Kohl und Strauß, Lambsdorff und Möllemann
(Zurufe von der SPD: Schäuble!)
stehen für große Spendenskandale und schwarze Kassen in den 80er- und 90er-Jahren. Der Strauß-Spezi Schreiber - einigen hier persönlich bekannt -
(Heiterkeit des Abg. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
steht gerade in Augsburg vor Gericht. Das heißt, die Geschichte holt die Klientelkoalition ein. Die Melodie von der gekauften Republik ertönt wieder.
(Beifall bei der SPD)
Da gibt es durchaus geschichtliche Parallelen. 1982 - ich erinnere mich, Herr Schäuble, mit Ihnen und anderen hier im Deutschen Bundestag an diese Zeit - rief Helmut Kohl die ?geistig-moralische Erneuerung? aus und entging dann im Flick-Parteispendenskandal nach einer Falschaussage nur knapp seinem Rücktritt. Das war damals der Beleg für die ?geistig-moralische Wende?, so wie er sie sich vorgestellt hat. 2010 ruft wieder jemand aus einer solchen Koalition eine geistig-politische Wende aus. Diesmal ist es Herr Westerwelle.
Jetzt wissen wir auch, welchen Staat und welche Gesellschaft sich Herr Westerwelle darunter vorstellt: Steuersenkungen für wenige zulasten von Kindergärten und Schulen in den Städten, zulasten der Beschäftigung von Lehrern und Polizisten in den Ländern. Das, Herr Westerwelle, ist jenseits großer Worte faktisch Ihre ?geistig-politische Wende?.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Klarheit seitens des Bundesfinanzministers über den Weg aus der hohen öffentlichen Verschuldung, die wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise in Kauf genommen werden musste - das ist unbestritten, Herr Schäuble -, besteht jedenfalls nicht. Bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wird geeiert und laviert. Trotz aller Änderungen der Wirtschaftsdaten, Herr Schäuble, wissen auch Sie: Egal wie die Steuerschätzung im Mai dieses Jahres ausfällt, ob einige Milliarden höher oder niedriger, ändert das doch nichts daran, dass weder im Jahre 2011 noch im Jahre 2012 noch im Jahre 2013 Spielräume für Steuersenkungen in Höhe von 20 Milliarden Euro vorhanden sein werden, wenn man glaubwürdig eine Politik betreibt, die auf Investition und Konsolidierung setzt. Das weiß jeder, und die meisten Ökonomen sagen Ihnen das jeden Tag.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Warum verfolgen Sie denn einen solch bedrohlichen Weg? Es ist nicht einzusehen, warum offenkundig nicht nur Sie, sondern auch Frau Merkel da mitmachen. Sie haben sich in die Falle einer übereilten und falschen Koalitionsvereinbarung begeben. Die ach so geschickte Frau Merkel als unsere Bundeskanzlerin ist in der Tat zum ersten Mal in der Gefahr, politisch unterzugehen. Man kommt aus diesen Festlegungen offenkundig nicht mehr heraus. Man will ja auch nicht heraus. Schließlich wird von allen Seiten Druck gemacht. Ein großer Medienkonzern steht dabei an der Spitze. Andere Wirtschaftsverbände äußern sich jeden Tag dazu. Es wird für die Öffentlichkeit in diesen Tagen immer deutlicher, wem Sie sich eigentlich verpflichtet fühlen, Frau Merkel. Sie fühlen sich nicht in erster Linie den Menschen verpflichtet, die Sie gewählt haben und für deren Wohlergehen Sie zu sorgen haben, sondern offenkundig nur den Interessen Ihrer Klientel. Einem kann angst und bange werden, wenn man das beobachtet.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Schäuble, bis zum heutigen Tage in den Medien hochgelobt, enttäuscht im Amt des Bundesfinanzministers mehr und mehr. Da, wo Peer Steinbrück für klare Kante stand, taktiert Schäuble aus parteipolitischen Gründen. Sehr wahrscheinlich kommt er wegen des Gezerres, das wir tagtäglich erleben, gar nicht umhin, sich so zu verhalten.
Aber einige Dinge haben Bedeutung für die Zukunft unseres Landes. Herr Schäuble hat am Anfang seine Bedenken zum sogenannten Stufentarif in der Einkommensteuer durchaus formuliert. Jetzt hat er nachgegeben. Mit dem nun von ihm akzeptierten Stufentarif bei der Einkommensteuer wird die Abkehr vom Sozialstaatsprinzip, von der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Deutschland eingeleitet.
(Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Quatsch! - Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU): So ein Quatsch!)
Das bedeutet ein weiteres Stück Abkehr vom Sozialstaat, dessen Sicherheit wir brauchen und den wir auch finanzieren müssen.
(Beifall bei der SPD - Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU): Keine Ahnung!)
Unser Sozialstaat hat nicht nur einen Preis, er hat auch einen Wert. Diesen Wert müssen Sie langsam erkennen. Dieser Sozialstaat darf nicht von Ihnen Stück für Stück zerstört werden vor dem Hintergrund des Wahlergebnisses, das Sie in diese Lage versetzt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sie haben auch von Nachhaltigkeit gesprochen, Herr Schäuble. Diese Regierung besitzt keine nachhaltige Wachstumsstrategie im Interesse von Investitionen und Arbeitsplätzen. Diese Regierung lebt von der Hand in den Mund. Das kann man exemplarisch festmachen.
Über die Steuerentlastung für Hotels ist in den letzten Tagen schon ausführlich berichtet worden. Im Übrigen wurde dies nicht nur von der FDP gefordert; die CSU war auch an vorderster Front. Im Bayernkurier hat sich Herr Fahrenschon bereits im letzten Jahr dafür gelobt, dass er Herrn Steinbrück bedrängt hat, diesen Quatsch mitzumachen. ?Quatsch? stand natürlich nicht im Bayernkurier; so nenne ich es.
Unerträglich war es mit der CSU auch schon zum Ende der Großen Koalition. Wir haben die Erbschaftsteuer gerettet zur Finanzierung von Bildung in den Ländern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn die Sozialdemokraten nicht gewesen wären, Frau Merkel, dann hätten Sie auch da nachgegeben, und dann wäre das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer in Höhe von 4 Milliarden Euro mit steigendem Potenzial de facto weg gewesen.
(Beifall bei der SPD)
So ist es doch. Es wurde immer quietschiger.
Wessen Interessen wurden da eigentlich vertreten? Die Betroffenen wohnen nicht alle am Starnberger See, manche wohnen auch in der Schweiz, aber sie betreiben ihre Geschäfte nach wie vor über München. Es können noch manche Unappetitlichkeiten zum Vorschein kommen. Das ist die Klientelpolitik der CSU, die die Volkspartei in den letzten Jahren nur geschauspielert hat. Jetzt wird sichtbar, was hinter der CSU steckt, und deswegen ist sie in einer Krise. Das sage ich gar nicht hämisch; denn wir Sozialdemokraten stehen auch nicht so gut da. Es gibt auch in unserer Partei Diskussionen. Da bin ich ganz ehrlich. Das abzustreiten, hätte keinen Zweck. Aber Sie sind - vor allem zu Stoibers Zeiten - gesprungen, wenn in München bei der Allianz oder bei Siemens gepfiffen wurde. Das haben wir doch bei jeder Verhandlung in der Großen Koalition gemerkt.
(Beifall bei der SPD)
Bemerkenswert ist, wie die Wirtschaftsverbände auf die Nachfolger von Kohl, Strauß und Lambsdorff in den letzten Tagen Druck gemacht haben. Jetzt werden Merkel, Seehofer und Westerwelle bedrängt und müssen den Druck aushalten, der schon früher üblich war. Unter diesem Druck haben Sie sich, Frau Merkel, dann im Handelsblatt-Interview eindeutig zu weitreichenden Steuersenkungen bekannt. Sie boxen diese völlig verfehlten Steuersenkungen für wenige durch und nehmen in Kauf, dass das für die Haushalte vieler Länder und Kommunen fast den Ruin bedeutet.
Wir haben leider nicht die politische Mehrheit, das zu verändern. Solange die Sozialdemokraten in der Regierung waren, war für eine anständige Regierungsleistung gesorgt. Jetzt zerfasert alles. Man sollte sich dieses Kabinett einmal im Einzelnen ansehen. Wir appellieren daher an Sie: Geben Sie diese abenteuerlichen Steuersenkungspläne auf! Finden Sie im Interesse von Deutschland zu einer einigermaßen seriösen Politik zurück!
(Beifall bei der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Westerwelle.
(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er weiß immer noch nicht, dass er Minister ist! Peinlich!)
Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Herr Kollege, ich will inhaltlich nicht auf Ihre Rede eingehen, sondern nur auf einen Punkt, der mich persönlich und menschlich sehr betrübt. Sie haben mich jetzt mehrfach - aus Ihrer Sicht ist das ein schwerer Vorwurf - mit unserem verstorbenen Ehrenvorsitzenden Graf Lambsdorff verglichen. Ich möchte Ihnen, weil er vor wenigen Wochen gestorben ist, in aller Ruhe sagen: Wenn Sie meinen, Sie würden mich beschimpfen, indem Sie mich mit Graf Lambsdorff vergleichen, so möchte ich Ihnen sagen, dass Sie mir damit gerade ein wunderbares Kompliment gemacht haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zurufe von der SPD: Oh!)
Joachim Poß (SPD):
Herr Westerwelle, ich wollte damit nicht auf die beachtliche Lebensleistung des Grafen Lambsdorff zu sprechen kommen. Ich war im Flick-Untersuchungsausschuss, ich habe die Vernehmungen von Lambsdorff und Kohl miterlebt und sie dort teilweise mitbefragt. Ich habe darauf hingewiesen, dass Sie ein Nachfolger des späteren Parteivorsitzenden Lambsdorff sind und dass Ihre Partei über eine gewisse Erfahrung in der Klientelpolitik verfügt. Auch Graf Lambsdorff - bei all seinen sonstigen Verdiensten - war da durchaus erfahren; denn grundlos ist er damals nicht als Wirtschaftsminister der Regierung Kohl zurückgetreten. Freiwillig ist das nicht geschehen.
Es beschädigt in meinen Augen auch nicht das Andenken an Herrn Lambsdorff, wenn man einwandfrei zutreffende Tatbestände mit den jetzigen Vorgängen in den historisch richtigen Zusammenhang stellt. Darum ging es.
[Quelle: www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/ , 19. Januar 2010]
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