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Ireland, oh Ireland!
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orca
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Wohnort: Dresden
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26.04.2009 ~ 00:26 Uhr ~ orca schreibt:
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im Forum Thüringen seit: 20.06.2007
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Ireland, oh Ireland! |
Beitrag Kennung: 252422
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Aufgrund von Zeitungsmeldungen über Proteste in Dublin und anderen irischen Städten gegen das Krisen(verschlimmerungs)management der Regierung entschied ich mich kurzfristig, mal bißchen vor Ort zu recherchieren. Nicht, daß ich noch eine Revolution verpasse. Aber weit gefehlt!
Ich war traurig, zu sehen, wie sich das Land in den letzten 19 Jahren verändert hat. Besonders auffällig waren die Veränderungen für mich, da ich seit 10 Jahren nicht mehr dort war.
Nicht nur, daß das Land mit Unmengen neuer Häuser zugepflastert wurde, die alle auf Pump in Erwartung großer Gewinne von Immobilienspekulanten, Spitz(buben)name „developer“ in Auftrag gegeben wurden, nun großteils unverkäuflich und leer, die Spekulanten pleite sind. Auch die irische Kultur geht immer mehr den Bach 'runter. Rauchverbot und Promillegrenze, kombiniert mit verschärften Kontrollen, ruinierten die Kneipenkultur inclusive der „traditional music sessions“, selbst große Kneipen, nach denen Bushaltestellen benannt sind, stehen nun leer. Die Leuten trinken nicht weniger, aber isoliert zu Hause, die kommunikative Funktion ist verloren.
Unter Kindern und Jugendlichen gilt die traditionelle irische Kultur als „out“, die Fernsehprogramme sind amerikanisiert (außer den irisch- und walisischsprachigen, und selbst da laufen US-Machwerke – irisch/walisisch synchronisiert). Apropos Kinder und Jugendliche: Saufen und Drogen haben sich über das ganze Land verbreitet – noch vor 10 Jahren waren diese Erscheinungen bei Minderjährigen weitgehend auf die Großstädte beschränkt.
Und apropos Drogen – und Gewaltkriminalität: Kaum ein Tag, an dem von den etwa 4,5 Millionen Iren keiner ermordet wird. Die meisten Fälle sind Teil des organisierten Verbrechens, welches an das Chicago der 20er, nicht aber an die „grüne Insel“ der 90er erinnert.
Und apropos Verbrechen: Die werktätige Bevölkerung wird für die Folgen der spekulanten- und regierungsverursachten Krise nicht nur ebenso zur Kasse gebeten wie hierzustaate, sondern sogar unter Verwendung der gleichen ***************** wie die von der „systemrelevanten“ Bank AIB; selbst die hier wegen Lächerlichkeit aufgegebene „Sozialpartnerschaft“ ist dort noch in Mode.
Alle Iren aus der „Normalbevölkerung“, mit denen ich darüber sprach, bezeichnen zwar ihre Regierung als Kriminelle oder Gangster, aber sie sind weit davon entfernt, den Charakter des Systems zu erkennen und wirksamen Widerstand zu leisten. Dazu trägt sicher auch bei, daß die Iren seit dem „NEIN!“ zum Lissaboner EU-Vertrag zum Fußabtreter der EU wurden und in ihr den Feind sehen (wollen).
Nun, im Oktober werden die Iren nochmal über den Lissaboner Vertrag abstimmen. Die Ansichten über den Ausgang sind dabei gespalten. Manche befürchten, die Krise und Rezession brächte mehr Iren dazu, ihre Hoffnungen auf „Europa“ (also die faschisierte EU) zu setzen, Andere sind genervt, weil die EU den Iren offenbar nicht zutraut, im ersten Anlauf eine bewußte Entscheidung zu treffen. Und selbstverständlich tat ich mein Bestes, die Entscheidung ein wenig zu beeinflussen.
Früher fiel mir der Abschied von Irland auf dem Weg in die noch-DDR bzw. BRD immer schwer. Diesmal bin ich vor knapp 12 Stunden einfach so abgeflogen.
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