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Nichtbeteiligung der DDR am ,,Prager Frühling,,
Die Truppen der NVA waren an der Invasion nicht beteiligt. Der Entschluss darüber fiel erst wenige Stunden vor dem Beginn des Einmarsches und wurde der NVA-Führung vom Oberkommandierenden des Warschauer Paktes Marschall Jakubowski mitgeteilt. In praktisch allen osteuropäischen Massenmedien wurden vorher vorbereitete amtliche Stellungnahmen verbreitet, bei denen über die (ursprünglich vorgesehene) Teilnahme auch der NVA berichtet wurde.
Nach Studium der geheimen Akten des Ministeriums für Nationale Verteidigung kam jedoch Rüdiger Wenzke 1995 zur Erkenntnis, dass NVA-Kampfverbände gar nicht an der Invasion beteiligt waren. Alan Levy führt allerdings aus, dass „[ost]deutsche Truppen durch das Sudetenland [rollten], als ob es wieder 1939 wäre, aber sie verhielten sich überraschend fromm. Sie zielten nur mit der Filmkamera auf die Menschen. Jeder, der die Faust gegen die ostdeutsche Armee erhob, wurde gefilmt – vielleicht für Walther Ulbrichts Archiv für bekannte Konterrevolutionäre.“[20] Nach Aussagen des Historikers Stefan Karner soll ein hochrangiger KGB-Offizier, der sich bereits seit Tagen in Prag aufhielt, Breschnew am 20. August veranlasst haben, die NVA nicht am Einmarsch zu beteiligen. Dies geht aus Dokumenten hervor, die erst bei Öffnung des Moskauer Archivs freigegeben wurden. [21]
Offensichtlich fand aber durch die SED eine geplante Irreführung der Bevölkerung statt, die durch Berichte vom Einmarsch von NVA-Truppen in die SSR erreicht wurde. Wohl aus Trotz gegenüber der Weigerung des Warschauer Pakts, DDR-Truppen aktiv an der Invasion zu beteiligen, verbreiteten die Medien dennoch Berichte über einen Einmarsch. Als Hintergrund kann angesehen werden, dass die DDR-Führung erstmalig, 30 Jahre nach Abschluss des Münchner Abkommens, mit der Realität der deutschen Vergangenheit konfrontiert war, die sich mit dem Anspruch eines völligen antifaschistischen Neuanfangs nicht deckte. [22]
Bereits im Mai 1968 wurde die Gefechtsbereitschaft der Grenztruppen erhöht. Die 7. Panzerdivision und die 11. Motorisierte Schützendivision der NVA unterstanden ab dem 29. Juli 1968 dem sowjetischen Oberkommando. Am Morgen des 21. August wurde der zivile Grenzverkehr in die SSR eingestellt. Weiterhin wurden grenznahe Orte isoliert und durften nur noch von Einwohnern betreten werden. Ebenfalls an diesem Tag nahm der Propagandasender Vltava seinen Betrieb auf. Dieser Sender wurde von der DDR bei Dresden betrieben und Richtung Tschechoslowakei auf Mittelwelle ausgestrahlt. Ziel war es, die Bevölkerung im Sinne der Warschauer-Pakt-Staaten zu beeinflussen. Der Sender stellte im Frühjahr 1969 nach massiven Protesten der Tschechoslowakei den Betrieb ein.
Am 23. August wurde die 11. Motorisierte Schützendivision näher an die tschechoslowakische Grenze in den Raum Adorf–Auerbach–Oelsnitz verlegt. Am 16. Oktober 1968 wurden die Truppen wieder dem Oberkommando der DDR unterstellt und verlegten einen Tag später wieder in ihre Kasernen. Im Rahmen von Protesten in der DDR wurden laut Ministerium des Innern vom 21. August bis 4. September 1968 1.075 Täter festgestellt, 468 wurden festgenommen.
Dieser Beitrag wurde 1 mal bearbeitet, zum letzten Mal von Pfiffikus: 25.01.2009 23:57.
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