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Prinzip der Kostendeckung hinterfragt
Die Geraer Bürgerinitiative und Bürgervertretung gegen zu hohe Kommunalabgaben e.V. fordert, künftig in die Entscheidungen über Gebühren und Beiträge im Zweckverband Wasser/Abwasser "Mittleres Elstertal" mit einbezogen zu werden. Hintergrund der neuerlichen Forderung ist das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) über die Praxis des Zweckverbands bei der Erhebung von Abwassergebühren.
Siegfried Guddat, Chef der Bürgerinitiative, schränkt ein, dass die Quasi-Entschuldigung des Zweckverbands an die Beitragszahler nach der Schlappe vor Gericht nur bisher etwa 13 500 zu Abwasserbeiträgen verpflichtete Grundstückseigentümer betreffe. Insgesamt hätten aber bis zum 31. Dezember dieses Jahres rund 100 00 Grundstückseigner mit Beitragsbescheiden zu rechnen gehabt.
Nach einem "Kassensturz" der Zweckverband-Bilanz zum Abwasser für das Jahr 2004 habe er ermittelt, dass von den bis dahin rund 13 000 beschiedenen Grundstücken 34 Millionen Euro vereinnahmt worden seien, das entspreche bereits 87 Prozent des Beitragsvolumens. Für 2005/06 seien laut Planung weitere 45 Millionen Euro an Beiträgen zu erwarten gewesen, insgesamt 79 Millionen, was 202 Prozent des geplanten Beitragsvolumens ausmache, kalkuliert Guddat. Aus der Bilanz 2004 sei auch ersichtlich, dass bei der Finanzierung des Restbuchwertes abwasserwirtschaftlicher Maßnahmen bereits eine Überdeckung von elf Millionen Euro vorhanden sei und fremde Kreditmittel zur Finanzierung der Herstellungskosten nicht benötigt wurden. Deshalb bezweifelt Guddat, dass der Verband nach dem Prinzip der Kostendeckung arbeitet.
Er ist zudem der Meinung, dass die Normenkontrollverfahren vor dem OVG in Weimar Ende 2000 und im Juni 2006, wo der Zweckverband unterlag, überflüssig gewesen wären. Vorausgesetzt, die Geschäftsleitung des Zweckverbandes hätte die Hinweise zum Umgang mit dem Thüringer Kommunalabgabengesetz beachtet, die schon im Juli 1999 vom heutigen Verbandsvorsitzenden Klaus Peter Creter gekommen seien, damals Verbandsrat und wie heute Geraer CDU-Stadtrat. Schon damals sei zum Ausdruck gekommen, dass sich mit der Offenlegung der tatsächlichen Vermögensverhältnisse im Zweckverband zeigen werde, ob der bisherige Anteil in den Gebühren ausreichend war und eine zusätzliche Betragserhebung überflüssig mache.
"Die Offenlegung der Vermögensverhältnisse durch die Geschäftsleitung gegenüber den Verbandsräten ist nie erfolgt", kritisiert Guddat.
Er macht auch darauf aufmerksam, dass auf den Zweckverband, in dem im wesentlichen die Stadt Gera und die Kommunen aus dem ehemaligen Landkreis Gera vertreten sind, die Kosten der verlorenen Prozesse vor dem OVG zu tragen hat. Bereits mit dem Urteil vom Dezember 2000 seien Kosten in Höhe von rund einer Million Euro entstanden. Wie hoch sie in dem im Juni verlorenen Verfahren sein werden, bleibe abzuwarten. Guddat macht darauf aufmerksam, dass diese Kosten nichts mit der Herstellung von öffentlichen Entwässerungsanlagen zu tun haben und damit auch nicht als Beitrags- oder Gebührenforderung an die Verbraucher weiterreichbar sind. Auch für die Berichtigung der bisher erlassenen Betragsbescheide dürften Mehrkosten nicht an die Bürger weitergereicht werden.
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Dieser Beitrag wurde 1 mal bearbeitet, zum letzten Mal von Opus: 26.07.2006 06:38.
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