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RE: Das Recht auf Faulheit |
Beitrag Kennung: 128215
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Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:
Und an ebendiesem Punkt scheiden sich halt unsere Geister, weil das Schielen nach den besser bezahlten Jobs ja noch längst keine Arbeitsgelegenheiten schafft. |
Stimmt. Vom Schielen alleine kommen noch keine neuen Jobs. Da sind wir uns einig.
Deshalb schrieb ich ja, dass die Hemmnisse für kleinste Jobs fallen müssen. Alle Subventionen, die unter der Bedingung des Nichtstuns gezahlt werden, gehören beseitigt. Zum Zwecke der sozialen Sicherheit soll es lieber das bedingungslose Grundeinkommen geben.
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Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:
Daß diese ebenso knapp sein werden wie heutzutage, sollte dir schon allein deshalb klar sein, weil nun (mit dem Bürgergeld) kein einziger Mensch mehr ohne Zubrot auskommen wird, wenn er nicht gerade unter der Brücke schlafen möchte. |
Wir sollten uns den Einfluss auf die Anzahl von Jobs mal in verschiedenen Modellen der sozialen Absicherung genauer ansehen:
- Manchesterkapitalismus
Eine völlig freie Marktwirtschaft, völlig fehlende Absicherung. Die Arbeitnehmer verkaufen ihre Arbeitskraft nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. In Zeiten der Konjunktur könnte es möglicherweise Vollbeschäftigung geben? Ansonsten hätten die überzähligen doppelt freien Lohnarbeiter das Nachsehen und wären mir mit Sicherheit für einen Wedeljob dankbar.
- HartzIV - heutiges Modell
Es ist wahrscheinlich aussichtslos für mich, jemanden zum Wedeln zu finden. Jeder Bewerber, der von der Höhe der Bezahlung erfährt, zeigt mir einen Vogel. Da wird das Sitzen auf der Couch durch HartzIV besser honoriert. Der potentielle Arbeitnehmer hat etwas gegen einen solchen Arbeitsvertrag!
Von Schwarzarbeit war an dieser Stelle nie die Rede, so könnte sich unter Umständen jemand finden lassen. Aber von Schwarzarbeit reden wir an dieser Stelle nicht. Ich werde mir den Ventilator wahrscheinlich anschaffen müssen.
- Mindestlohn
Uff - Sofort einen Ventilator kaufen! Als potentieller Arbeitgeber komme ich nicht in Frage. Ich gebe doch nicht Stunde für Stunde 7 Euro oder mehr für einen Wedler aus! Der potentielle Arbeitgeber hat etwas gegen einen solchen Arbeitsvertrag!
Im Übrigen sperrt ein Mindestlohn ohnehin die Menschen von einer Erwerbsarbeit ab, die körperlich oder geistig nicht in der Lage sind, innerhalb einer Stunde so viel durchschnittlich notwendige Arbeitskraft zu vergegenständlichen, wie als Mindestlohn gezahlt werden muss.
- Bedingungsloses Grundeinkommen
Du schreibst es selbst, erst jetzt beginnt der Run auf die "Deppenjobs", die bisher nicht besetzt werden können, weil entweder Arbeitgeber oder Arbeitnehmer berechtigterweise etwas dagegen einzuwenden haben. Erst mit dem Wegfall der Hemmnisse für diese Jobs auf beiden Seiten können viele dieser Jobs überhaupt erst zustande kommen, ohne dass die Menschen wie im Manchesterkapitalismus aus Existenznot da hinein gezwungen werden. Durch diese zusätzlichen Jobs erhöht sich das Bruttosozialprodukt und genau daraus können die zusätzlichen Werte geschaffen werden.
Erdbeer- und Spargelernte werden mir die Leute schon streitig machen, die für mich wedeln könnten. Der Nachbar kommt immer mit auf Hochglanz poliertem Auto daher - wenn der nicht selber polieren müsste, das wär doch toll! Wenn die qualitativ hochwertige manuelle Autopolitur erschwinglich ist - das wird echte Konkurrenz für die Waschanlagen! Unsere Stadt hat nicht viel Geld, aber ein paar Schippen könnte man schon anschaffen und für wenig Geld den Mühlgraben zwischen Erfurthstraße und der BfA ausschippen lassen.
Generell kannst du dir die Weisheit merken: Sinkt der Preis für die Arbeitskraft, so wird sich die Nachfrage erhöhen, kannste mir glauben! Und deshalb werden neue Jobs, mehr als die heute vorhandenen, entstehen.
Dass das entstehende zusätzliche Bruttosozialprodukt zusätzliche Binnennachfrage generiert, darüber könnte man auch noch reden, will ich an dieser Stelle aber nicht.
Und das bedingungslose Grundeinkommen hat noch einen weiteren Aspekt. Für meinen Wedeljob ist keine höhere Qualifikation erforderlich. Wie man den Wedel auf und nieder bewegt, das werd ich dem Bewerber hoffentlich recht schnell beibringen können. Ebenso dürfte ihm das Ein- und Nachschenken von Getränken nicht überfordern - diese Mindestanforderung verlange ich nun doch! Aber in solchen Jobs sehe ich eine Chance auf ein selbst verdientes Einkommen für Leute, die niemals in der Lage sein werden, eine CNC-Maschine zu bedienen.
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Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:
Wer nicht vollständig im Elend versinken will, macht ihn mit, den Run auf die Deppenjobs. |
Wer nicht im Elend versinken will... Was ist eigentlich Elend?
Ein idealer Job, der dich Morgen für Morgen aus dem Bett hüpfen lässt und der tagtäglich abwechslungsreiche Erfüllung bringt, den gibt es nicht bzw. ein solches Glück sollte man vom Arbeitsmarkt lieber nicht erwarten.
Üblich ist es, dass man bei jedem Jobangebot abwägt: Was hätte ich zu tun, wie wird bezahlt und welche Risiken gehe ich ein? Und üblicherweise geht man genau das Angebot ein, das das günstigste bzw. erträglichste der Angebote ist.
Ja und auch die "Deppenjobs" warten auf ihre Erledigung.
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Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:
ich befürchte, daß die Kluft nach der Einführung eines- wie auch immer genannten - Grundeinkommens noch größer werden wird und die absolute Armut eben auch. |
Die Armut wird eine fest definierte Grenze haben, ärmer als das bedingungslose Grundeinkommen geht nicht! Der Tote von Speyer wäre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen garantiert nicht verhungert. Höchstwahrscheinlich wär er in der Lage gewesen, für mich zu wedeln, wenn er nicht so weit weg gewohnt hätte.
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Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:
Es sei denn, die Höhe dieses Grundeinkommen gewährleistet ein einfaches und vielleicht nicht besonders anspruchsvolles Leben, aber eben ein Leben in Würde. Und das ist ja wohl nicht zu erwarten, oder? |
Selbstverständlich ist das nicht zu erwarten. Es ist nicht einzusehen, dass arbeitsfähige Teile der Bevölkerung aus dem Erwerbsarbeitsprozess ausgeschlossen werden.
Genausowenig ist aber einzusehen, dass ein Teil der Bevölkerung nicht am Erwerbsarbeitsprozess Teil hat und trotzdem so weit alimentiert wird, dass "ein Leben in Würde" möglich ist.
Diese Forderung würde ich eher soweit abschwächen wollen, dass es jedem möglich sein muss, das bedingungslose Grundeinkommen durch Erwerbsarbeit so weit zu ergänzen, dass ein Leben in Würde möglich ist.
Du hast ja schon den ersten Aufschrei aus Erfurt vernommen. Nichtteilnahme am Erwerbstätigkeit und trotzdem so viel Geld wie heute, das wird nicht möglich sein und dazu stehe ich auch wenn das Geschrei noch so laut ist.
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Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:
Von einem Recht auf Faulheit spricht dann halt nur der, der es- aus welchen Gründen auch immer- nicht besser weiß. |
Meinetwegen sprich von der "Verteilung der nicht mehr gesellschaftlich erforderlichen Arbeitszeit nach marktwirstschaftlichen Kriterien". Wie ich dazu kam, ausgerechnet diese plakative Formulierung zu verwenden, hatte ich bereits geschrieben.
Pfiffikus,
der es dir überlässt zu spekulieren, ob und wie viel ich wirklich darüber weiß
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