Moon Benutzerkonto wurde gelöscht
14.01.2014 ~ 00:42 Uhr ~ Moon schreibt:
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RE: Ausländerfeindlichkeit in der DDR |
Beitrag Kennung: 672334
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61diddi hat am 13. Januar 2014 um 12:14 Uhr folgendes geschrieben: ... Wir wollen doch nicht Moon sein Thema durch Themenfremdes zerreißen?! ... |
Vielen Dank ... noch was für die "die DDR war ein antifaschistischer Staat" Liga. Man beachte den Pink markierten Abschnitt, sogar einer der "DDR-Oberen" gab das zu, was hier einige vehement abstreiten.
02.04.1990
Schon nahe am Pogrom
Rassismus und Ausländerfeindlichkeit kommen jetzt in der DDR ungehindert zum Ausbruch, das alte SED-Regime hatte die Ressentiments nur notdürftig unterdrückt. Mangelwirtschaft und nationalistische Stimmungen schüren den Fremdenhaß gegen Vietnamesen, Polen und andere Minderheiten. Gewalttaten nehmen zu.
Die Antwort des Passanten im Ost-Berliner Stadtbezirk Friedrichsfelde klang auffallend gehässig: "In die Mellenseestraße wollen Sie? Also, bis zum Tierpark und dann immer den Vietnamesen nach."
An der Mellenseestraße steht eines der größten Ausländergettos der DDR. Hunderte von Vietnamesen und Mosambikanern leben in den winzigen Zimmern der zehnstöckigen Wohnsilos, streng getrennt von den Wohnbezirken der DDR-Bürger. Nur im Schutz der Dunkelheit begegnen sich die Kulturen - auf dem illegalen Strich mit vietnamesischen Frauen und deutschen Freiern.
Tagsüber will hier niemand mit den "Fidschis" (DDR-Jargon) zu tun haben. Afrikanische Arbeiter werden als "Briketts" angepöbelt. "Ausländer raus!" brüllte die Menge auch bei den letzten Leipziger Montagsdemos.
Rechtsradikale Schlägertrupps verprügelten schwarze Studenten. Und in den Geschäften wird dunkelhäutigen Kunden die Ware verwehrt. "Wir lassen uns nich aufkaufen", zeterte eine Verkäuferin am Ost-Berliner Alexanderplatz, "jetzt sind wir das Volk."
Seit der Wende dringt ein finsterer Bodensatz von Vorurteilen ans Licht der DDR-Öffentlichkeit: Ausländerfeindliche Parolen, antisemitische und rassistische Hetze - seit Jahrzehnten tabu und doch im verborgenen höchst lebendig - kommen ungehindert zum Ausbruch. Mit dem SED-Regime verschwindet das Phantom des proletarischen Internationalismus, das über 40 Jahre hinweg den Nationalismus und Fremdenhaß der Bürger nur notdürftig übertüncht hatte.
In tiefster Provinz, im sächsischen Riesa, dokumentierte ein Kamerateam des ZDF fast unglaubliche Ausbrüche von Intoleranz. Ausländer seien "die größten, faulsten Schweine", gab ein etwa 18jähriger DDR-Bürger zu Protokoll; eine junge Frau assistierte, die Fremden würden "sich aufführen, als wären sie die Größten" und außerdem "die Weiber hier alle wegnehmen". Ein Mittzwanziger empfahl allen Ernstes: "Das Viehzeug muß ausgerottet werden, ohne zu zucken."
Vor zwei Jahren schon wurde ein Gastarbeiter aus Mosambik in der Nähe von Riesa von einem deutschen Kollegen aus dem fahrenden Zug gestoßen. Der Täter, nach kurzer Haftzeit entlassen und von jeder Einsicht unberührt, glaubt nun, "daß ausländische Bürger uns die Arbeitsplätze wegnehmen".
Mit dem Kommando "Schnell raus!" hetzte die Belegschaft eines Ost-Berliner Geschäfts kürzlich eine schwangere Polin vor die Tür. Und in Forst machten aufgebrachte DDR-Bürger Jagd auf ein vietnamesisches Mädchen, das in der örtlichen Kaufhalle Fleisch und Reis erstanden hatte. "Du kaufst unsere Läden leer", lautete der Vorwurf der Verfolger. Wenig später schwamm die Tasche der Vietnamesin in der Neiße. "Das ist schon nahe am Pogrom", klagt Dieter Graßmann, ein Deutschlehrer für vietnamesische Arbeiter in Weimar. "Zorn, Trauer und Enttäuschung" empfindet auch Almuth Berger, 46, die neue Ausländerbeauftragte der DDR (siehe SPIEGEL-Gespräch Seite 106). "In den Schulen", erklärt Almuth Berger, "ist viel zuwenig über Rassismus, Antisemitismus und über die Feindseligkeit anderen Nationen gegenüber gesprochen worden."
Der Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer, 47, bekennt: "Wir haben jahrelang die Tatsache, daß es solches Gedankengut gibt, einfach totgeschwiegen." Der sogenannte Antifaschismus sei der SED zwar "heilig" gewesen, doch von der alten Staatspartei nie im Bewußtsein der Bürger verankert worden.
Nicht einmal die Zahl der im Lande lebenden Ausländer durfte zu Erich Honeckers Zeiten in den DDR-Medien veröffentlicht werden. Insgesamt sind es derzeit etwa 160 000, die meist aufgrund von bilateralen Verträgen in die DDR geschickt wurden, um dort den Arbeitskräftemangel auszugleichen. Davon kommen etwa 60 000 aus Vietnam, 14 000 aus Mosambik, 10 000 aus Kuba und 6500 aus Polen sowie 5000 Studenten aus den sozialistischen Ländern in Europa und Übersee.
Die Ausländer bekommen den Fremdenhaß keineswegs erst seit der Wende zu spüren, die Öffentlichkeit nahm davon bis dahin nur keine Notiz. Pierre, ein in Berlin lebender Sudanese, berichtete vor einigen Wochen im DDR-Blatt * Auf dem Baugelände des Kernkraftwerks. Sonntag: "Seit 10 Jahren passe ich auf, daß ich nicht allein im Zugabteil sitze, daß ich nicht nach 23.00 Uhr einen Fußgängertunnel benutzen muß, daß ich um Kneipen einen Bogen mache und nicht gerade Straßenbahn fahre, wenn ein Fußballspiel zu Ende ist."
Das SED-Regime hat diese und andere Auswirkungen der Ausländerfeindlichkeit geflissentlich übersehen. Aus ideologischen Gründen hatte es den Haß gegen Minderheiten zudem selber entfacht. Zuerst bekamen das die jüdischen Mitbürger zu spüren, die 1953 bei einer großen Säuberung aller Staats- und Parteigremien von dem "Gesindel der Zionisten und Trotzkisten" an den Pranger gestellt wurden.
Hunderte von jüdischen DDR-Bürgern verloren damals ihre Ämter und mußten das Land verlassen. Ein exakter Trennungsstrich ...
Quelle
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