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Vornehm leitet die Reformation des Stadtleitbildes ein - mit weitreichenden Konsequenzen |
Beitrag Kennung: 52051
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"Leitlinien der Stadtentwicklung ´Otto-Dix-Stadt Gera 2020´" - nüchtern ist der Titel, unter dem Oberbürgermeister Dr. Norbert Vornehm (SPD) gestern seine zehn Zukunftsthesen für die Stadt präsentierte, von der er überzeugt ist, dass sie auch in 13 Jahren die zweitgrößte in Thüringen ist.
Gera als Traditionsstandort industrieller Technik, Gera - die Schule für alle Generationen, Gera - die weltoffene, tolerante und soziale Stadt, dann erst als Viertes: Gera - die "Otto-Dix-Stadt", Gera - die Sportstadt, Gera - die kompakte und grüne Stadt, Gera - die Straßenbahnstadt, Gera - der bürgernahe Dienstleister, Gera - der Partner in der Region und in Mitteldeutschland und schließlich: Gera - die wiederkehrende Identität. Es sind nicht wirklich die zündenden emotionalen Losungen, die im Rathaus ersonnen wurden.
Trotzdem: Hinter der drögen Fassade von Wortgerüsten verbirgt sich die Reformation des immer noch gültigen Stadtleitbildes, das 1997/98 unter dem damaligen Oberbürgermeister Ralf Rauch (parteilos) aufgestellt wurde, sekundiert durch akademische Unterstützung aus Mainz. Ein Stadtleitbild, das sich im Selbstlauf des Tagesgeschäftes teilweise umsetzte, sonst aber leidlich vernachlässigt blieb. Doch nun zeichnet Dr. Vornehm seine Leitlinien, die sich bis zum Jahresende - in Gestalt eines Stadtentwicklungsprogrammes - zu einem neuen Leitbild entwickeln sollen. Und das beinahe im Handstreich. Zwar habe es eine "intensive Beratung in der Verwaltung" gegeben, Akteure aus Wirtschaft, Politik, Kultur, Bildung und Sport seien in Workshops einbezogen worden - den ordentlichen Gremien des Stadtrates bleiben, beginnend mit der Einbringung in den Hauptausschuss am 2. Juli, nur zweieinhalb Wochen Zeit für ein Papier, das die grundsätzlichen Weichenstellungen für ein reichliches Jahrzehnt beinhaltet. Das faktisch auch den nächsten, den übernächsten und den überübernächsten Stadtrat bindet - wenn er das Dokument ernst nimmt im Gegensatz zum in Vergessenheit geratenen Stadtleitbild.
Auf den ersten Blick beinhalten die Leitlinien Aussagen, die jedermann unterschreiben könnte. Zündstoff eröffnet sich erst für alle, die Formulierungen auf die Waagschale legen, etwa: "In der Innenstadt werden die oberzentralen Funktionen weiter gebündelt und Dienstleistungen und Handel gestärkt." Im Klartext bedeutet es, dass solche Ansiedlungen außerhalb des Stadtzentrums nicht gewollt sind. Ein Einzelhändler, der in einem Gewerbegebiet abseits investieren möchte, wird es künftig schwer haben, weil diese Flächen für produzierendes Gewerbe vorgehalten werden.
Die im Entwurf vorliegenden Leitlinien sind überdies nicht nur interessant in ihrer Auslegung. Auch was nicht geschrieben steht, gewinnt an Bedeutung: Im Kapitel "Gera - die ´Otto-Dix-Stadt´" sind als Museen namentlich erwähnt die Kunstsammlung, wo das Erbe von "Otto Dix" (warum eigentlich wird der Name des Geraer Ehrenbürgers in Gänsefüßchen gesetzt?) bewahrt und entwickelt wird, und das Museum für Angewandte Kunst wegen seiner "Einzigartigkeit in Thüringen". Unbenannt sind Stadt-, Naturkunde- und Höhlermuseum, weil ihnen nur lokale Bedeutung beigemessen wird.
Doch zurück zur großen Linie: Zum Jahresende, und damit 17 Jahre nach der Wiedervereinigung, soll Gera endlich einen Flächennutzungsplan erhalten. OB Dr. Vornehm hat diesen Zeitpunkt gestern benannt. Damit wird ein Vakuum gefüllt, das über Jahre als Ermessensspielraum herhalten musste, aber weder der Transparenz für Verwaltungsentscheidungen diente noch -verfahren beschleunigte. Es gibt viele zwar Programme, aber noch keine grundsätzliche Planung.
OB Dr. Norbert Vornehm (SPD)
OTZ
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