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felixed hat am 12. Februar 2008 um 18:29 Uhr folgendes geschrieben:
Das bisherige Problem an Staaten mit freiheitlich-demokratischer, also sozialistischer Ordnung waren nicht die fehlenden Möglichkeiten demokratischer Einflußnahme, sondern die fehlende Wahrnehmung. Auch in der DDR existierten freie Wahlen, bestand die jederzeitige Möglichkeit der Absetzung von Abgeordneten und bestand ein Eingabensystem.
(Lang anhaltender stürmischer Beifall. Die Teilnehmer der Festveranstaltung erheben sich von den Plätzen)
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Also eigentlich ist es üblich, hinter einen lustigen Satz, der einen Witz enthält, auch mal einen Smilie zu setzen. Wenn du beim Verfassen der Beiträge nach links schaust, findest du eine kleine Auswahl.
Mal im Ernst: Wie viele Eingaben hätten denn geschrieben werden müssen, um die Herrschaftsriege um Honecker, Mittag, Mielke und Konsorden abzusetzen? Die sind also deiner Meinung nach bis 1989 an der Macht geblieben, nur weil die DDR-Bürger zu wenige Eingaben gegen sie geschrieben haben?
Wer wie du von so einer Art Demokratie in der DDR faselt, hat schonmal (außer den Propagandalügen der Ewiggestrigen) keine Ahnung von der DDR!
Du bist doch im Besitz der passenden Literatur. Kannst ja mal nachlesen, wozu ein Staat, auch die DDR dient. Sie dient der Machterhaltung der herrschenden Klasse. Und die herrschende Klasse, das waren in der DDR nicht die Klasse der Arbeiter und Bauern, sondern eine Funktionärsklasse, die mit der Arbeit selber lange nix mehr am Hut hatte. Wann hatte Honecker das letzte Mal einen Dachziegel in der Hand, wann war Günter Mittag zum letzten Mal als Reichsbahner tätig? Nur der Erich Mielke blieb entfernt seinem erlernten Beruf treu. (Er lernte Speditionskaufmann und hatte mit der KoKo ja ein solches Unternehmen unter seinen Fittichen.)
Was der Staat ist, haste inzwischen nachgelesen. Instrument zur Machterhaltung der herrschenden Klasse - hier der Funktionäre. Nun erkläre ich dir, wie das funktionierte. Symbolisch gesehen ungefähr so:
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§1 Die Partei hat immer Recht
§2 Sollte sie mal nicht Recht haben, so siehe §1. |
Praktisch war dies natürlich nicht so deutlich in Paragrafen gemeißelt, das hätten ja sogar die linientreusten Genossen durchschaut. Praktisch war das geschickt verklausuliert. Die beiden Paragrafen habe ich mit unterschiedlichen Farben hinterlegt, du kannst ja mal die Langfassung mit meiner Kurzfassung vergleichen.
Als erstes schau bitte noch einmal in der Verfassung der DDR nach, welcher Partei hier ein Herrschaftsanspruch eingeräumt worden ist. (Brauchst nur den seit 1968 geltenden Artikel 1 zu lesen.)
Mal angenommen, es gäbe eine fähige Frau (oder einen fähigen Mann - der einfachkeit halber soll hier nur von einer Frau die Rede sein, gemeint sind immer beide Geschlechter), hätte sie bei noch so vielen Eingaben die Chance gehabt, die führenden Funktionäre aus Partei und Regierung zu verdrängen, wenn sie nicht Mitglied der SED oder - schlimmer noch - Mitglied einer anderen Partei gewesen wäre? Garantiert nicht, denn das hätte gegen die Verfassung verstoßen.
Dieser ehrgeizigen Frau, die frischen Wind ins Land bringen wollte, wäre neben dem fleißigen Schreiben von Eingaben garnix anderes übrig geblieben, als einen Aufnahmeantrag in die SED zu stellen.
Ja aber spätestens mit dem Beginn ihrer Mitgliedschaft in dieser Partei wäre sie der strengen Parteidisziplin unterworfen gewesen.
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Das Plenum des Zentralkomitees der SED tritt entsprechend dem Statut der SED mindestens einmal in sechs Monaten zusammen. Es nimmt den Bericht des Politbüros des Zentralkomitees der SED entgegen und berät und beschließt über die Aufgaben, die sich gemäß dem Statut der SED aus der Durchsetzung der Beschlüsse von Parteitagen und Parteikonferenzen ergeben. Die Beschlüsse des Plenums des Zentralkomitees der SED sind für alle Parteiorganisationen und Parteimitglieder der SED verbindlich. |
Hätte sie also fortschrittliche Gedanken umsetzen wollen, die die Herrschaft der bereits etablierten Funktionäre und deren Ideen in Frage gestellt hätte, was kämen dann für Beschlüsse aus dem Plenum?
Ja und als junge Genossin hätte sie ja erstmal ein paar Jahre lang noch eine Hierarchie von Parteisekretären über sich, die natürlich ebenfalls weisungsberechtigt waren.
Es wäre wahrscheinlich damit zu rechnen gewesen, dass diese Frau, die die Betonköppe ablösen wollte, mindestens mit einem Parteiausschluss zu rechnen gehabt hätte - gleichbedeutend mit dem Karriereende.
Und das sie als Staatsfeindin eingestuft und als solche behandelt würde, das würde ich keineswegs ausschließen wollen.
Pfiffikus,
der dieser jungen fortschrittlichen Genossin keine Spur einer Chance eingeräumt hätte, innerhalb des Systems der DDR die "Mißstände, unfähigen und karrieregeilen Elemente" abzulösen
Dieser Beitrag wurde 1 mal bearbeitet, zum letzten Mal von Pfiffikus: 12.02.2008 21:15.
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