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Initiative beweist: ALG II deckt nicht einmal geringsten Bedarf |
Beitrag Kennung: 53935
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Brigitte Vallenthin, Vorsitzende der Hartz4-Plattform, ist optimistisch: Ihre beim Wiesbadener Sozialgericht eingereichte Musterklage für eine Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes um 329,22 Euro wird, so hofft sie, spätestens nach dem Instanzenweg beim Bundessozialgericht für Millionen unter Existenznöten leidende Arbeitslosengeld II-Bezieher in Deutschland zu einem Erfolg führen. Zwar hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 den damaligen Regelsatz von 345 Euro für ausreichend befunden. Doch diese Entscheidung beruhte lediglich auf einer rechtlichen Bewertung des „abstrakt“ festgelegten Regelsatzes, da der Kläger nur pauschal und ohne begründende Beweismittel den Regelsatz für unzureichend erklärt hatte. Die von Vallenthin eingereichte Klage ist im Unterschied dazu die erste, die bei den Gerichten eine rechtliche Bewertung der „tatsächlichen, konkreten markt-verfügbaren“ Kostensituation beantragt.
Für die Beweismittel hat die Hartz4-Plattform umfangreiche Recherchen angestellt und dem Gericht für sämtliche zehn Abteilungen des Regelsatzes Einkaufsnachweise aus den aktuell niedrigst verfügbaren Einkaufsquellen vorgelegt. Dabei stellte sich heraus, dass in keinem Bereich eine finanzielle Deckung für geringste Überlebensbedarfe durch den Regelsatz gewährleistet ist.
Am schwerwiegendsten ist die Unterversorgung im Bereich „Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren, alkoholische Getränke“. Anstelle der im Regelsatz als „bedarfsorientiert“ festgelegten 132,71 Euro ermittelte die Arbeitslosen-Initiative nach Discounter-Preisen und sehr bescheidenen Mahlzeiten einen Mindestbedarf von 260,47 Euro, also einen Mehrbedarf von 128,46 Euro im Monat.
An zweiter Stelle folgt die Regelsatz-Abteilung „Nachrichtenübermittlung einschließlich Telefon/Handy, Fax, Internet“. In diesem Bereich liegen, vor allem auch wegen der geringen Mobilitätsmöglichkeiten, häufig die einzigen sozialen und kulturellen Kontakte von Hartz IV-Betroffenen. Nur so können sie überhaupt noch am Leben von anderen teilhaben. Der Mehrbedarf gegenüber den 22,37 Euro des Regelsatzes liegt hier bei 54,82 Euro.
Es folgt an dritter Stelle der Bereich „Verkehr einschließlich Zubehör und Reparatur von Auto/Fahrrad, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel“. Hier sieht der Regelsatz 19,20 Euro vor. Selbst eine vergünstigte „Sozial-Monatskarte“ für die Busse in Wiesbaden kostet bereits 43,90 Euro und übersteigt damit bereits den Regelsatz um 24,70 Euro. Der gesamte Mehrbedarf in diesem Bereich beträgt 37,20 Euro.
Ein besonders dramatisches soziales, kulturelles, bildungsorientiertes wie auch gesundheitliches Ausgrenzungspotenzial birgt auch der an vierter Stelle folgende Bereich „Freizeit, Sport, Unterhaltung, Kultur“, der als absurder Gemischtwarenladen ebenfalls die Bereiche „Gartenpflege und Schnittblumen“ sowie „Zeitungen, Zeitschriften und Bücher“ einschließt. Hierfür sieht der Regelsatz 39,48 Euro vor, benötigt werden aber mindestens 66,99 Euro, also besteht auch da ein Mehrbedarf von 27,51 Euro.
Wie die Menschenwürde von Hartz IV-Berechtigten durch die Politik missachtet wird, zeigt sich auch in den gänzlich fehlenden Regelsatzleistungen für „Familienfeste und kirchliche Feiertage“. Dem Null-Euro-Ansatz der Gesetzgebung stellt die Klage von Brigitte Vallenthin einen Mindestbedarf von monatlich 25,43 Euro gegenüber. Diese basieren auf bescheidenen Budget-Ansätzen wie einem Weihnachtsbaum für 25 Euro und häuslicher Festtags-Gästebewirtung von 50 Euro unter der Annahme von 6 Gästen oder einem Osterstrauß und Ostereiern für 20 Euro.
(Hartz4-Plattform e.V. Wiesbaden)
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