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Tierschutz: Katzenjammer in der Rhön |
Beitrag Kennung: 41331
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Für Ingo Jendrusiak war es keine Frage des Geldes. Seit knapp vier Jahren ist die Gemeinde Dorndorf, der er als Bürgermeister vorsteht, Mitglied im Tierheimverein des Wartburgkreises. „Das sind wir den Tieren, die ausgesetzt sind, einfach schuldig.“ Diese Auffassung kostet Geld. Im Jahr muss der Ort pro Einwohner 50 Cent als Mitgliedsbeitrag zahlen. Das sind für Dorndorf rund 1500 Euro im Jahr.
Das schreckt viele andere Gemeinden ab. Was aber wird aus den Tieren, die in diesen Ortschaften im Stich gelassen werden?
Knapp 1700 Euro jährlich müsste die Stadt Geisa an den Tierheimverein als Mitgliedsbeitrag zahlen. „Das ist viel zu viel Geld“, begründet der Ordnungsamtsleiter im Rathaus der Stadt Geisa, Norbert Mihm, die Absage an den Tierheimverein. Geisas Bürgermeister Martin Henkel gibt außerdem zu bedenken, dass viele Bürger ihre Tiere dann erst recht aussetzen würden, weil sie dann kein schlechtes Gewissen mehr hätten. Statt aufgefundene Tiere deshalb in die Obhut des Tierheimes zu geben, werden sie in Geisa in einem ehemaligen NVA-Zwinger, die Katzen in entsprechenden Boxen auf dem Gelände des Bauhofes, untergebracht. Natürlich sei das „kein Luxuszwinger“, beschreibt Mihm die Zustände dort. Doch ein Foto von dem Zwinger, nein, besser nicht, heißt es im Rathaus unumwunden. Schon allein das macht misstrauisch. Welche Verhältnisse müssen dort herrschen, wenn schon bei einem Foto abgewiegelt wird? In Geisa würden jedoch sowieso nur im Jahr „vier bis fünf Tiere“ in dieser Unterkunft untergebracht. Das Futter für diese Tiere bezahle die Stadt und meist blieben die Vierbeiner auch nicht lang, weil neue Besitzer beziehungsweise die alten rasch ausfindig gemacht würden, fügt Ordnungsamtsleiter Norbert Mihm hinzu.
Inge Rilk, die Leiterin des Tierheimes vom Wartburgkreis in Springen, das gleichzeitig die zentrale Auffangstelle für Fundtiere ist, hält diese Aussage für falsch. „In jedem Ort im Kreis werden immer wieder Tiere aus ihrem angestammten Zuhause vertrieben. Da bildet Geisa keine Ausnahme.“
Auch in den Tierarztpraxen in und um Geisa wird das bestätigt. Immer wieder würden hier Tiere abgegeben, die irgendwo aufgefunden werden. In Gemeinden, die nicht im Tierheimverein sind, bleiben die Veterinäre in der Regel auf den Kosten für die Entwurmung, Impfung oder aber eine notwendige Augenbehandlung der Tiere sitzen. Doch darüber wollen die meisten Tierärzte nicht reden. „Dann kommen noch mehr Tierbesitzer und sagen, sie hätten ein Fundtier zur Behandlung mitgebracht“, heißt es zur Begründung. Was aber wird aus ausgesetzten Tieren, die in Gemeinden, die nicht Mitglied im Tierheimverein sind, aufgefunden werden? „Wir versuchen sie selbst zu vermitteln“, geben die Tierarztpraxen und Geisas Ordnungsamtsleiter Mihm zur Antwort.
Mittlerweile verstärken aber Rhöner Tierfreunde den Druck auf die Gemeindeverwaltungen, die eine entsprechende Mitgliedschaft verweigern. „In vielen Rhöner Ortschaften werden Tiere, derer man sich entledigen will, mit dem Knüppel oder der Schrotflinte umgebracht oder einfach ersäuft“, schildern sie erbost die unakzeptable Situation. Dr. Hermann Kürschner, der eine Tierarzt-Praxis in Oechsen betreibt, schildert Vorfälle, in denen „ich schon einmal gebeten werde, einen Hund zu erlösen. Wenn das Tier jedoch gesund ist, muss ich das selbstverständlich ablehnen.“
Weil sich die betreffenden Gemeinden gegen eine Mitgliedschaft im Tierheimverein aussprechen, sind immer wieder tierliebende Privatpersonen gefordert, die aus Mitgefühl versuchen, die ausgesetzten und geschundenen Vierbeiner mit finanziellen Mitteln aus der eigenen Tasche wieder aufzupäppeln. Oft kommen auf diese Weise hunderte Euro zusammen. Und oft sind es immer wieder dieselben Menschen, die sich der Kreaturen annehmen.
Die Liste der Gemeinden, die nicht im Tierheimverein des Wartburgkreises sind, ist lang. Lediglich Unterbreizbach, Sünna, Stadtlengsfeld, Dermbach, Dorndorf, Empfertshausen und Kaltennordheim entrichten nach Aussage von Tierheimleiterin Inge Rilk diesen jährlichen Obolus. Die Behauptung, dass die Springener Auffangstelle viel zu hohe Rechnungen veranschlagt und die betreffenden Gemeinden deshalb dem Verein nicht beitreten, weist Inge Rilk strikt von sich. „Wenn uns von einer Gemeinde mitgeteilt wird, dass eine Katze irgendwo herrenlos herumläuft, dann veranschlagen wir in der Regel 140 Euro. In dieser Summe sind die Fahrtkosten, die Aufwendungen für Entwurmung, Impfung und Kastration enthalten, sowie die Unterbringungsgebühr für insgesamt 28 Tage. Für einen Hund gestaffelt nach Größe sind es im Durchschnitt insgesamt 250 Euro.“ Vor allem die Kastration sei wichtig. „Wenn wir das nicht tun würden, dann werden noch mehr kleine Kätzchen ausgesetzt“, so Inge Rilk.
All das muss eine Gemeinde bezahlen, wenn sie nicht Mitglied im Tierheimverein ist. Nach Angaben von Inge Rilk kommen auf diese Weise stattliche Rechnungen für manche Ortschaften zusammen. Doch manchmal wartet die Tierheimleitung noch viele Monate nach der Rechnungs-Ausstellung auf deren Begleichung. „Manche Gemeinden bezahlen einfach nicht“, klagt die Tierheimchefin über die schlechte Zahlungsmoral.
„Mit einer Mitgliedschaft bei uns würden diese Extrarechnungen entfallen“, wirbt sie für eine Mitgliedschaft. Nach ihren Aussagen hat dieses Argument die Gemeindeoberen in Weilar zum Beispiel nachdenklich gemacht. „Sie überlegen, ob sie bei uns Mitglied werden“, so die Tierheimverantwortliche.
Nicht nur das Geld, sondern auch die Verantwortung für die verlassenen Tiere hatte Dorndorfs Bürgermeister Ingo Jendrusiak im Auge, als er seine Gemeinderäte von der Mitgliedschaft im Tierheimverein des Kreises überzeugte. „Es sind unsere Tiere, die ausgesetzt werden, denn es sind unsere Bürger, die sie im Stich lassen“, findet das Gemeindeoberhaupt.
Zu den ausgesetzten Hunden und Katzen kämen zudem auch die Tiere hinzu, die plötzlich herrenlos werden, weil der Besitzer oder die Besitzerin stirbt. „Wir als Gemeinde können uns gar nicht so artgerecht um die Tiere kümmern, wie es das Tierheim tut und das muss bezahlt werden“, so Jendrusiak.
Kleine Katzen zu töten, Hunde, die keiner haben will, mit der Schrotflinte zu erschießen, diese Praxis findet auch der katholische Stadtpfarrer von Geisa, Uwe Hahner, der selbst Hundebesitzer und Tierfreund ist, verwerflich.
„Nehmen wir nur unsere Heiligen. Viele hatten eine besondere Sensibilität für Tiere und wurden deshalb mit ihnen dargestellt, wie etwa der heilige Rochus.“ Er zählt bei uns zu den vierzehn Nothelfern und gilt als Schutzpatron der Haustiere. „Auch Franz von Assisi ist immer dafür eingetreten, das Gebot der Nächstenliebe auf die gesamte Schöpfung zu beziehen. Für ihn galten die Tiere ausdrücklich als uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers‘.“
quelle: slz |
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