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RE: Gesundheitsreform - Jetzt wird es richtig kompliziert |
Beitrag Kennung: 46236
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Achtung Realsatire
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Die allerletzte Verfügung
(27.04.2007) Wie aus gemein unterrichteten Kreisen verlautbart, wollen die Fraktionen der großen Koalition noch vor der Sommerpause ein »Gesetz über Arbeitslosen-, Behinderten-, Kranken-, Rentner- und Asylbewerber-Testaments-Zuschüsse« – kurz: Bundes-A-B-K-R-A-T-Z-Gesetz – verabschieden. Nachfolgend dokumentieren wir den zwischen den Regierungsparteien bereits verbindlich vereinbarten Wortlaut der neuen Bestimmungen.
Präambel. Sinn und Zweck des nachfolgenden Gesetzes ist es, allen sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland aufhaltenden Personen ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer sozialen Stellung, Abstammung, Nationalität oder Rasse gleiche Rechte und Chancen bei der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit in lebensentscheidenden Fragen zu gewährleisten. Zugleich sollen die unerträglich aufgeblähten Sozialbelastungen der Solidargemeinschaft zum Nutzen aller auf ein normales Niveau zurückgebombt werden.
§ 1. Die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit von Staatskasse und Kapitalgesellschaften, gewährt allen in § 2 dieses Gesetzes aufgeführten Berechtigten sachliche und finanzielle Unterstützung bei der Abfassung freiwilliger Patientenverfügungen oder anderer die Gesundheitskosten dämpfender Maßnahmen.
§ 2. Bezugsberechtigte im Sinne dieses Gesetzes sind Erwerbslose, Rentner, Wohngeldbezieher, Personen ohne festen Wohnsitz nach dem Landfahrergesetz, Asylbewerber, Schwer- und Schwerstbehinderte, Niedriglohnbeihilfe-Empfänger nach Hartz IV und alle anderen Sozialfälle – im nachfolgenden kurz Prekarier genannt.
§ 3. Chronisch kranke Einzelpersonen können auf Antrag ihrer Krankenkasse, überdurchschnittlich gesunde ältere Personen auf Antrag der Rentenkasse in den Kreis der Berechtigten aufgenommen werden.
§ 4. Die Leistungen an Prekarier und andere Berechtigte nach diesem Gesetz sind in drei Stufen gegliedert:
Stufe I: Einmalzahlung von 10 Euro abzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer, kostenlose Teilnahme an einem Aloe-Vera-Gesundheitsvortrag oder einer anderen Zirkusvorstellung am Wohnort des Prekariers und ggfl. die Senkung des Krankenkassenbeitrags um 0,15 Prozentpunkte für die Dauer von maximal drei Jahren. Voraussetzung für die Gewährung der Leistungen nach Stufe I ist die Vorlage einer rechtsverbindlichen unwiderruflichen Patientenverfügung, aus der hervorgeht, daß der berechtigte Prekarier im Falle einer ernsten, lebensbedrohlichen Erkrankung jede stationäre Krankenhausbehandlung ablehnt, wenn sie den Zeitraum von drei Tagen überschreitet.
Stufe II: Einmalzahlung von 15 Euro abzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer, kostenlose Teilnahme an einem halbtägigen Grundkurs für Drachenfliegen, Mount-Everest-Besteigungen, Inline-Scating oder andere Risikosportarten, sowie ggfl. eine Senkung des Krankenkassenbeitrags um 0,17 Prozentpunkte auf die Dauer von fünf Jahren. Hierbei muß der antragstellende Prekarier eine verbindliche Patientenverfügung vorlegen, in der er auf Medikamente und andere Behandlungen verzichtet, die einen Gesamtwert von 17,92 Euro im Jahresdurchschnitt überschreiten.
Stufe III: Der Leistungsbewerber verpflichtet sich per Patientenverfügung, zukünftig jegliche Arzt- oder Heilpraktikerbesuche zu unterlassen, und erhält dafür lebenslange Befreiung von der sog. Praxisgebühr und Senkung der Krankenkassenbeiträge um 0,19 Prozentpunkte, eine Einmalzahlung von 20 Euro abzgl. Mehrwert- und Kapitalertragssteuer, dazu 10 Originalpackungen Aspirin und 10 hypoallergene Heftpflaster.
Abs. 2. Sonderregelungen.
Auf Antrag kann Bewerbern aus besonders prekären Prekariatsbereichen auch ein Bundeszuschuß für die einfache Hinreise mit der Deutschen Bahn AG, 2. Klasse nach Zürich gewährt werden. Aus humanitären Gründen ist für diese Reisekostenbeihilfe jedoch ausnahmslos Dauerarbeitslosigkeit erforderlich.
§ 5. Zugangsbeschränkungen.
Handelt es sich bei dem antragstellenden Prekarier um einen Niedriglohn-Beschäftigten oder sogenannten Ein-Euro-Jobber, ist eine Einverständniserklärung des jeweiligen Arbeitgebers vorzulegen.
§ 6. Antragstellung.
Der Prekarier hat der zuständigen Behörde des Bundes eine notariell beglaubigte, seiner jeweiligen Leistungsstufe entsprechende Patientenverfügung zu übersenden und muß sich überdies rechtsverbindlich verpflichten, eine eigenhändig unterschriebene Ausfertigung davon stets bei sich zu tragen. Das Bundesgesundheitsministerium stellt zu diesem Zweck einen Brustbeutel aus echtem Schweinsleder mit edlem Metalldruckknopf, ansprechender Nylonkordel und glasklarem Plastiksichtfenster wahlweise in den Farben schwarz oder signalrosa obligatorisch zu Verfügung (Zuzahlung nur 19,90 Euro).
§ 7. Zusatzleistungen.
Prekariern, die Angehörige einer zugelassenen Religionsgemeinschaft sind, steht bei Eintritt des Leistungsfalles der kostenlose einmalige Besuch eines Geistlichen ihrer Konfession zu. Ersatzweise wird konfessionslosen prekarischen Ablebern auch ein aufmunternder Briefvordruck des Bundesgesundheitsministeriums zugestellt.
Asylbewerber erhalten bei Vorliegen einer Patientenverfügung der Stufen I bis II posthum die deutsche Staatsangehörigkeit.
Um zusätzliche Anreize zu geben, nehmen alle Antragsteller an der Verlosung von je drei Erlebnisreisen nach Afghanistan, in den Irak oder in den Libanon teil. Halbpension und kostenlose Rückführung sind im Gewinn enthalten.
§ 8. Die Senkung von Sozial- und Gesundheitskosten ist unantastbar – siehe auch Artikel 1 des Grundgesetzes.
(Dietrich Kittner in Ossietzky)
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