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Auch für 2007 hat sich unsere Regierung verpflichtete am Sozialabbau festzuhalten
Seit dem 1. Januar 2007 drohen den Beziehern von Arbeitslosengeld II, wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilt, schärfere Sanktionen für »Pflichtverletzungen«, beispielsweise für versäumte Vorstellungsgespräche bei der Arbeitsagentur oder nicht eingehaltene Termine bei Unternehmen, die einen Arbeitsplatz angeboten haben. Bei der zweiten »Pflichtverletzung« wird das ALG um 60 Prozent gekürzt, bei jeder weiteren werden alle Leistungen (Regelsatz sowie Zahlungen für Unterkunft und Heizung) für jeweils drei Monate komplett gestrichen. Unter 25jährige verlieren den Anspruch auf alle Leistungen für drei Monate schon bei der zweiten Pflichtverletzung. Und alle, über die eine Sperrfrist verhängt wird, verschwinden damit ebenfalls aus der Arbeitslosenstatistik.
Die Wohnnebenkosten – für Heizung, Abwasser, Grundsteuer und anderes – sind nach Angaben des Deutschen Mieterbundes im letzten Abrechnungsjahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 12,3 Prozent gestiegen; 2006 ging der Anstieg weiter. Hauptursache sind die gestiegenen Heizkosten, also letztlich die Profite der Öl- und Gaskonzerne.
Empfänger von ALG II, Sozialgeld und Sozialhilfe bekommen zu wenig Geld für die gestiegenen Stromkosten, wie eine von der Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegebene Studie zeigt. Immer häufiger wird Haushalten wegen Zahlungsschwierigkeiten der Strom abgestellt. Die Situation wird sich voraussichtlich durch Jahresabrechnungen und darin enthaltene Nachzahlungsforderungen noch zuspitzen. »Seit den Hartz-Reformen liegt eine Unterdeckung bei der Erstattung der Haushaltsstromkosten vor, die von den Leistungsempfängern aus dem übrigen Budget innerhalb des Regelsatzes von 345 Euro finanziert werden muß«, so die Studie. Von 1998 bis 2006 stiegen die Strompreise für private Haushalte laut Verbraucherpreisindex um 26,8 Prozent; in diesem Zeitraum erhöhten die Sozialbehörden die Ansätze für Haushaltsstrom jedoch nur um 7,2 Prozent. Derzeit erhält ein Ein-Personen-Haushalt 20,74 Euro im Monat für Licht, Waschmaschine, Herd, Fernsehgerät und elektrische Warmwasserbereitung.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren schon 2004 in der Bundesrepublik 13 Prozent der Bevölkerung »armutsgefährdet«; das waren etwa 10,6 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Kinder unter 16 Jahren. In einer Pressemitteilung konkretisierte das Bundesamt die Folgen: »Mehr als die Hälfte der Armutsgefährdeten in Deutschland können es sich nach eigenen Angaben nicht leisten, eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen oder unerwartete Ausgaben zu bewältigen (zum Beispiel eine defekte Waschmaschine zu ersetzen). Und 14 Prozent der armutsgefährdeten Menschen leben in Haushalten, in denen aus Kostengründen im Winter an der Heizung gespart werden muß. Armutsgefährdung behindert auch den Zugang zur Gesundheitsversorgung: Zuzahlungen und Selbstbeteiligungen halten nach Selbsteinschätzung mehr als ein Fünftel der Armutsgefährdeten (und immerhin 7 Prozent der nicht Armutsgefährdeten) davon ab, einen Arzt oder Zahnarzt aufzusuchen, wenn sie krank sind.« – Das Politiker- und Behördenwort »armutsgefährdet« erweist sich hier als euphemistische Umschreibung realer Armut.
35,4 Prozent der Alleinerziehenden – mehr als doppelt so viele wie Paare mit Kindern – sind armutsgefährdet, teilte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag mit.
Über eine Alleinerziehende mit drei Kindern, die von Hartz IV leben muß, berichtete die Mittelbayerische Zeitung und zitierte sie: »Man hat in der normalen Welt keinen Platz mehr.«
1. Januar
Mit Jahresbeginn kommen auf die Verbraucher zusätzliche Belastungen in Höhe von 24 Milliarden Euro zu, wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen errechnet hat. Grund sind die von der Bundesregierung beschlossenen steigenden Steuern und Sozialabgaben. Im Durchschnitt bedeutet das für jeden Einwohner Mehrausgaben in Höhe von 290 Euro jährlich.
Arbeitslose unter 25 Jahren, die ein Jobangebot ablehnen und deswegen kein Arbeitslosengeld II mehr bekommen, sind dann auch nicht mehr kranken-, pflege- und rentenversichert. Bei wiederholter »Pflichtverletzung« können ihnen zudem die Leistungen für Unterkunft und Heizung für drei Monate gestrichen werden.
3. Januar
Die Bundesagentur für Arbeit meldet für 2006 weniger Arbeitslose im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat jedoch deutlich zugenommen. 42 Prozent der offiziell registrierten Arbeitslosen waren im vergangenen Jahr Langzeitarbeitslose.
4. Januar
Der Chef der Hamburger Agentur für Arbeit, Rolf Steil, will das Arbeitslosengeld II für Langzeitarbeitslose, die keine gemeinnützige Arbeit verrichten, auf die Hälfte oder zwei Drittel zu reduzieren. Das sagte er in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt . Der Abstand zwischen niedrigen Löhnen und dem Hartz-IV-Satz von 345 Euro sei zu gering. Daher gebe es kaum Anreize, eine gering bezahlte Tätigkeit anzunehmen.
8. Januar
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, hält die Rente mit 67 für »keine Zumutung, sondern verantwortungsvolle Politik«. Er sei sich zudem »nicht sicher, ob das reicht«. Zur Begründung verwies Ramsauer auf das Ansteigen der Lebenserwartung und damit auch der Rentendauer.
9. Januar
Die geplante Gesundheitsreform bereite die Privatisierung des Gesundheitswesens vor. Davor warnte der frühere Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestages, Klaus Kirschner (SPD), auf einer Pressekonferenz der Sozialverbände Volkssolidarität und Sozialverband Deutschlands. Es handele sich um einen »fatalen Irrweg«, der in eine Drei-Klassen-Medizin führe. »Ohne Not« werde das deutsche Sozialsystem demontiert, kritisierte der Gesundheitsökonom Professor Hans-Ulrich Deppe bei der gleichen Gelegenheit. Die Gewinner der Gesundheitsreform seien nur die Unternehmen, die Verlierer die gesetzlich Krankenversicherten.
11. Januar
Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) befürchtet laut Agenturmeldungen ein Anwachsen der Altersarmut. Mit Zunahme des Niedriglohnbereichs drohten künftig mehr Rentner auf Sozialhilfeniveau abzusinken. Nach Angaben des Vorsitzenden des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger, lebt bereits fast die Hälfte der 20 Millionen Rentner in Deutschland an der Armutsgrenze von 856 Euro.
15. Januar
Die Ein-Euro-Jobs verhelfen Arbeitslosen nur selten auf Dauer zu einer neuen dauerhaften Arbeit. Von den 530.848 Hartz-IV-Empfängern, die zwischen Mai 2005 und April 2006 eine sogenannte Arbeitsgelegenheit erhielten, waren nach sechs Monaten nur 14,7 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dies geht aus einer Studie der Bundesagentur für Arbeit hervor. Von allen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten führt der Ein-Euro-Job dieser Untersuchung zufolge am seltensten zu einem Eingliederungserfolg.
16. Januar
Viele Hartz-IV-Empfänger sind nach Beobachtung des Berliner Tierheims gezwungen, ihre Hunde und Katzen abzugeben, weil sie sich deren Unterhalt nicht mehr leisten können. Der Sprecher des Tierheims, Marcel Gäding, bezifferte die Kosten für das Futter für einen Hund im Monat auf 50 bis 80 Euro. Dazu kommen Tierarztkosten und die jährliche Hundesteuer von 120 Euro.
24. Januar
Frauen, Ostdeutsche und junge Berufstätige unter 30 Jahren leiden überdurchschnittlich häufig unter der Angst vor Altersarmut, wie eine repräsentative Studie ergab, mit der die Postbank das Allensbacher Institut für Demoskopie beauftragt hatte. Nur etwa jede fünfte von 2.077 befragten Personen geht davon aus, im Rentenalter keine finanziellen Sorgen zu haben. Die Untersuchung soll der Werbung für private Altersvorsorge dienen. Wieviele Menschen aber überhaupt in der Lage sind, bei sinkenden Realeinkommen privat vorzusorgen, wurde nicht untersucht.
Immer mehr Frauen im Landkreis Darmstadt-Dieburg verarmen, weil sie ein Jahr nach Beginn der Arbeitslosigkeit keinerlei Leistung nach Hartz IV erhalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Kreisfrauenbüro in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt erarbeitet hat. »Das Einkommen des Ehemannes oder Lebenspartners fließt in die Bedarfserhebung ein. Schon ein geringes Einkommen genügt, und Frauen erhalten keine Leistungen mehr«, so Monika Abendschein vom Frauenbüro.
26. Januar
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat 2006 11,1 Milliarden Euro für aktive Arbeitsförderung ausgegeben, zwei Milliarden weniger als veranschlagt. Darauf macht das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe aufmerksam.
Ein-Euro-Jobs verdrängen reguläre Arbeitsplätze. Nach den gesetzlichen Vorschriften müssen die Jobs von öffentlichem Interesse sein und zusätzlich zu regulären Arbeitsplätzen angeboten werden. Nach einer Studie des zur Bundesagentur für Arbeit gehörenden Instituts für Arbeits- und Berufsforschung führen Ein-Euro-Jobs jedoch manchmal zu Personaleinsparungen. Nach Angaben der Autorinnen der Studie liefern die von ihnen ausgewerteten Daten Indizien dafür, daß in fast jeder zweiten Einrichtung, die Ein-Euro-Jobber beschäftigt, diese nicht nur im Sinne des Gesetzgebers, sondern beispielsweise auch für Überstundenabbau oder Krankheitsvertretungen eingesetzt werden.
28. Januar
Nach einer Forsa-Umfrage glaubt eine Mehrheit der Bevölkerung an gesellschaftliche Horrorszenarien, wie sie zur besten Sendezeit Mitte Januar in der ZDF -Serie »2030 – Aufstand der Alten« gezeigt wurden. Der Umfrage zufolge glaubt eine deutliche Mehrheit von 66 Prozent, daß das Renteneinstiegsalter im Jahr 2030 bei 70 Jahren liegen wird. Für 37 Prozent der Bundesbürger ist vorstellbar, dass ein Teil der Alten in 25 Jahren in Massenunterkünften leben wird.
29. Januar
Die Arbeitsagenturen in Mecklenburg-Vorpommern rechnen nach einem NDR -Bericht das kommunale »Begrüßungsgeld« für Neugeborene rechtswidrig auf das ALG II an und kürzen den Beziehern die Leistungen. Berichtet wird von einer 20jährigen Mutter in Neustrelitz, die eine Rückzahlungsaufforderung von der lokalen Agentur für Arbeit erhalten habe.
Die Realeinkommen der Beschäftigten sind 2006 weiter gesunken, weil Lohn- und Gehaltssteigerungen hinter dem Preisanstieg zurückgeblieben sind, meldet das Statistische Bundesamt. Bei Arbeitern betrug der Verlust 0,2 Prozent, bei Angestellten durchschnittlich 0,5 Prozent.
30. Januar
Jugendliche mit mittlerem Bildungsabschluß haben immer größere Schwierigkeiten, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu finden, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Nürnberg) festgestellt hat. Die Zahl arbeitsloser Jugendlicher mit Berufsausbildung sei seit Ende der 90er Jahre »deutlich gestiegen«. Dadurch sei ein Verdrängungswettbewerb entstanden, der die Situation der leistungsschwächeren Bewerber erschwere. Doch nicht auf sie, sondern zunehmend auf besser qualifizierte Jugendliche konzentriere sich die staatliche Förderung (Berufsvorbereitung und außerbetriebliche Berufsausbildung).
31. Januar
Auch die Zahl der Hochschulabsolventen, die nach dem Abschluß keine Arbeitsstelle finden, ist in den letzten Jahren gestiegen, so eine erste Studie zur »Generation Praktikum«, erstellt von Wissenschaftlern der Freien Universität Berlin: 37 Prozent von ihnen machen nach dem Examen ein Praktikum, elf Prozent ein zweites. Fast die Hälfte von ihnen bekommt dafür keine Aufwands-entschädigung. Die mittlere Dauer eines bezahlten Praktikums beträgt sechs Monate. Unbezahlte Praktika dauern durchschnittlich fünf Monate, jedes vierte erstreckt sich über mehr als ein halbes Jahr. Aber auch wenn ein Entgelt gezahlt wird (durchschnittlich 600 Euro), reicht es nur selten für den Lebensunterhalt. »Etliche Betriebe, Redaktionen und Kultureinrichtungen haben sich auf das Angebot gut ausgebildeter, aber billiger Kräfte eingestellt«, heißt es in der Untersuchung.
2. Februar
Der Bundestag beschließt die sogenannte Gesundheitsreform, die zum 1. April in Kraft treten soll. Der Arbeitgeber-Anteil zur Gesetzlichen Krankenversicherung wird dann nicht mehr mit den Kosten steigen, sondern auf dem bisherigen Stand zurückbleiben, während die abhängig Beschäftigten nach Praxisgebühr und Rezept-Zuzahlungen weitere Mehrbelastungen hinnehmen müssen. Das Internet-Magazin Telepolis macht darauf aufmerksam, daß bereits 1994 die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in ihrem Memorandum »Sozialstaat vor dem Umbau« einen »Wechsel vom bestehenden gesetzlichen Krankenversicherungssystem zu einer privaten Pflicht-Krankenversicherung, bei der der einzelne für seinen Versicherungsschutz selbst verantwortlich ist und sich der Staat auf die Betreuung von Problemgruppen beschränkt«, als »konsequenten Ansatz« empfohlen und damit die Richtung der Gesundheitspolitik vorgegeben hat.
Der Studie »Gesundheitsmonitor« der Bertelsmann-Stiftung zufolge rechnen 62 Prozent der Bundesbürger damit, daß sich die von den gesetzlichen Kassen bezahlten Leistungen in den kommenden fünf Jahren verringern werden. Gleichzeitig befürchten 71 Prozent qualitative Einbußen, 89 Prozent gehen von steigenden Krankenversicherungsbeiträgen aus. 84 Prozent vermuten zudem, künftig länger auf Operationen oder bestimmte Therapien warten zu müssen. (Das Volk ist offenbar – unter anderem von den Bertelsmann-Medien – dermaßen depressiv eingestimmt worden, daß Massenprotest gegen die »Gesundheitsreform« kaum zu erwarten ist.)
5. Februar
Die Realeinkommen der Beschäftigten sind im vergangenen Jahr nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) um ein Prozent gesunken: Die effektiven Bruttoeinkommen je Arbeitnehmer seien 2006 nominal lediglich um 0,7 Prozent gestiegen, die Lebenshaltungskosten aber durchschnittlich um 1,7 Prozent.
8. Februar
Wohnungsgesellschaften in Halle, Dessau und Magdeburg sperren einzelne Zimmer oder legen dort die Heizung still, wenn die Wohnungen größer sind, als Hartz IV erlaubt. Wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, wird in Halle in der Regel die Heizung in einem Raum abgeschaltet, der aber weiter genutzt werden darf. In Dessau und Magdeburg wird das Zimmer gesperrt. Begründung: Die Mieter brauchen vorerst keine Umsiedlung zu befürchten, die Vermieter erhalten zumindest eine reduzierte Miete. »Wir halten auf diese Weise den Leerstand unter Kontrolle«, erläutert Joachim Effertz, Sprecher der Halleschen Wohnungsgesellschaft, in dem Zeitungsbericht. Es fehle an günstigen Zwei-Zimmer- Wohnungen.
9. Februar
Die Politiker, die parallel zum Sozialabbau die Arbeitslosen beschuldigen, selber an ihrer Lage schuld zu sein, und die Medien, die diese Schuldzuweisungen kritiklos veröffentlichen, haben damit zunehmend Erfolg: Die Entsolidarisierung schreitet voran. Einen Beleg dafür liefert eine Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach. Danach stimmen der Behauptung »Es gibt unter denen, die arbeitslos sind, viele, die nicht arbeiten wollen« in Westdeutschland 61 Prozent der Bevölkerung zu. In Ostdeutschland überwiege »im Moment« noch das Gefühl, daß Arbeitsunlust bei den Arbeitslosen nur im Einzelfall vorkomme (48 Prozent). Aber inzwischen zweifelten auch 41 Prozent der Ostdeutschen (vor vier Jahren waren es 34 Prozent) am Arbeitswillen vieler Arbeitsloser.
13. Februar
In Berlin leben laut Berliner Zeitung 574.000 Menschen in 316.789 Haushalten von Arbeitslosengeld II. Bisher erhielten 9871 Berliner Haushalte eine amtliche Aufforderung, ihre Mietkosten zu senken.
(Quelle Ossietzky)
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